Aline Alagem

The Dream of the Painteress, 2019

Öl auf Leinwand

80 × 100 cm

Werkbeschreibung:
Das Bild zeigt eine realistisch gemalte, nackte Frau mit hellem Teint vor einem tiefschwarzen Hintergrund. Ihr Gesicht ist konzentriert und ernst, die Augen sind geschlossen, als würde sie sich in einem meditativen oder tranceartigen Zustand befinden. Ihre langen, dunklen Haare fließen nach hinten, und sie trägt auffällige, glänzende Ohrringe sowie eine feine goldene Halskette mit einem kleinen Anhänger.

Ihre Hände sind in einer eleganten, fast magischen Geste nach vorne gestreckt, als würde sie etwas kontrollieren oder halten. Die Finger sind leicht gekrümmt, mit rot lackierten Nägeln. In ihren Händen schwebt eine große, transparente Glaskugel, die das Licht sanft reflektiert.

Innerhalb dieser Kugel befindet sich eine kleinere Version der Frau – dieselbe Pose, dieselbe Mimik, als ob sie sich selbst in einer unendlichen Spiegelung betrachte. In dieser zweiten Kugel gibt es wiederum eine noch kleinere Frau. In der dritten und letzten Kugel sind hingegen die Beine und der Unterleib einer Frau zu sehen, eingebettet in eine Waldkulisse, die im Mondschein erstrahlt.

Die Atmosphäre des Bildes ist geheimnisvoll, fast surreal. Das Spiel mit Wiederholungen in den Kugeln lässt das Motiv endlos erscheinen, wie eine visuelle Metapher für Selbstreflexion oder Träume. Die dunkle Umgebung betont die Frau und das Lichtspiel in den Kugeln, wodurch das Gemälde fast dreidimensional wirkt.

Katalogtext:
Aline Alagem wurde 1981 in Rechovot/Israel geboren und studierte an der Bezalel Academy of Art and Design in Jerusalem. Sie absolvierte ein Austauschprogramm an der School of Visual Arts in New York und war 2011 Residentin an der Cité des Arts in Paris sowie 2016 im Künstlerhaus Bethanien in Berlin. Ihre Arbeiten waren zuletzt unter anderem in der von Christoph Tannert kuratierten Gruppenausstellung Dissonanz sowohl in Kiel als auch in Bukarest/Rumänien zu sehen.

Aline Alagems Gemälde sind eine kraftvolle Erforschung der Weiblichkeit. Ihre hyperrealistischen Leinwände oszillieren zwischen traumähnlichen Szenen und intensiven Ausdrucksformen von Sinnlichkeit und Macht. Von anonymen, im Internet gefundenen Figuren über reale Modelle bis hin zu ikonischen Musen trotzen ihre Motive jeder Kategorisierung und stellen die Konzepte von Identität und Kontrolle infrage.

Die Künstlerin verbindet feministische Referenzen aus Mythologie und Kunstgeschichte mit Elementen aus Pornografie und Popkultur. Dadurch fordert sie das Publikum heraus, die im gesellschaftlichen Konsens verankerten Narrative über weibliche Sexualität zu hinterfragen. Ihre Werke dekonstruierten Idealisierungen und Heroisierungen, indem sie ihre Figuren als aktiv sinnliche, begehrende Körper und Wesen inszeniert.

In der gezeigten Arbeit The Dream of the Painteress („Der Traum der Malerin“) untersucht sie die vielschichtigen Ebenen der Selbstwahrnehmung durch ein rekursives Selbstporträt, das den Übergang zwischen der äußeren Persona und dem inneren Selbst thematisiert. Das Werk entstand aus ihrer Auseinandersetzung mit der Frage, wie Frauen sich selbst sehen, wie sie von anderen wahrgenommen werden und inwieweit diese Eindrücke überwunden werden können. Mit dem Titel rückt sie sowohl den kreativen Schaffensprozess als auch den Zustand der Verwandlung in den Fokus. Die Betrachtenden sind eingeladen, die Welt aus der Perspektive der Malerin zu erleben – sei es als Moment der Entstehung, als Höhepunkt oder als das Gefühl des Schwebens in grenzenlosem Raum.

Text: Sarah Letzel