Cathrin Hoffmann
Already, 2022
Polyurethan, Stahl und 2K-Lack /
82 × 33 × 30 cm
Werkbeschreibung:
Die Skulptur stellt eine verzerrte, surreal anmutende menschliche Gesichtsform dar, die in einer weichen, fleischfarbenen Oberfläche ausgeführt ist. Die Form ist stark deformiert, mit überzeichneten Gesichtszügen: Eine breite, hochgewölbte Stirn geht in ein scharf konturiertes, knochiges Gesicht über. Die Augenhöhlen sind ausgehöhlt und leer, was der Figur ein gespenstisches, maskenhaftes Aussehen verleiht.
Der Mund ist leicht geöffnet, und eine abstrakt geformte Zunge oder ein organisches Objekt ragt heraus. Die gesamte Oberfläche der Skulptur ist glatt und glänzend, was durch den Lack noch verstärkt wird.
Der untere Teil des Kunstwerks läuft in eine unregelmäßige, fast tropfenartige Form aus, die sowohl an eine geschmolzene Struktur als auch an eine futuristische, biomechanische Mutation erinnert. Die Skulptur ist auf einem dünnen Stahlstab montiert, der auf einer rechteckigen Metallplatte fixiert ist, wodurch das Objekt scheinbar schwebend präsentiert wird.
Katalogtext:
Cathrin Hoffmann ist eine deutsch-iranische Künstlerin. Sie wurde 1984 in Rotenburg (Wümme) bei Bremen geboren und lebt seit 2022 in Berlin. In den Medien Malerei, Skulptur und Installation untersucht sie als künstlerische Autodidaktin die Herausforderungen menschlicher Existenz im postdigitalen Zeitalter. 2019 arbeitete sie in London im Rahmen der PLOPResidenz und wurde 2021 für das Artist-Residency-Programm des Palazzo Monti nach Brescia/Lombardei eingeladen. Nach mehreren Soloprojekten in Galerien wird sie ihre Arbeiten vom 12. April bis 20. Juli 2025 in einer Doppelausstellung mit Céline Ducrot in der Kunsthalle Gießen zeigen. Im Zentrum von Hoffmanns Werk steht die Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur, die sie als hybrides Wesen in biologischer Transformation zwischen Mensch und Maschine darstellt. Ihre Darstellungen weisen eine Vielzahl von Referenzen auf, darunter Science-Fiction, philosophisch-existenzielle Themen sowie die Kunst der Klassischen Moderne. Dabei hinterfragt Hoffmann problematische Aspekte dieser Epoche, etwa die geringe Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen sowie die Ausblendung sozialer Fragestellungen, und interpretiert sie im Kontext des 21. Jahrhunderts neu. Die Arbeit Already („Schon“ oder „Bereits“) war Teil von Hoffmanns Einzelausstellung Human Hand for Scale Ende 2022 in der Nicodim Gallery in Los Angeles. Sie gehört zu einer Serie dreier gleichgroßer grotesker Kopfbüsten, die im selben Material ausgeführt wurden. Die Büsten standen in Los Angeles im Profil auf Sockeln und waren vor einer Wand präsentiert, auf die ihre Umrisse als illusionistische Schatten aufgemalt waren. Hoffmann nimmt in diesen Skulpturen Bezug auf den rumänischen Künstler Victor Brauner (1903–1966), dessen selbst erschaffene Mythologie die Frage aufwirft, was vom Menschen bleibt, nachdem er verschwunden sein wird. Das klassische Format der Büste schlägt für Hoffmann eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Auch weist das verstörende Menschenbild der Künstlerin auf die potenzielle Zerstörung unserer Welt.
Text: Marc Wellmann