Hortensia Mi Kafchin

Self Portrait after FFS, 2024

Öl auf Leinwand

50 × 60 cm

 

Werkbeschreibung:
Das Gemälde zeigt ein Selbstporträt der Künstlerin, das vollständig in intensiven Blautönen gehalten ist. Das Gesicht ist realistisch und frontal dargestellt, mit großen, wachen Augen, leicht geöffneten Lippen und weichen, femininen Gesichtszügen. Der Blick der Figur ist ruhig, aber durchdringend, als ob sie direkt mit dem Betrachter in Kontakt tritt.

Die Haare fließen sanft um das Gesicht und die Schultern, wobei die malerische Struktur zwischen glatten Flächen und grob aufgetragenen Texturen wechselt. Der Hintergrund ist dunkelblau und weist eine abstrakte, fast ornamentale Struktur auf, mit einer auffälligen, spitzen, geometrischen Form auf der rechten Seite des Bildes.

 

Katalogtext:
Hortensia Mi Kafchin wurde 1986 in Galați/Rumänien geboren. Im Jahr 2010 schloss sie ihr Studium an der Universität für Kunst und Design in Cluj-Napocha/Rumänien ab, wo sie sich auf Keramik, Glas und Metall spezialisiert hatte. Anschließend arbeitete sie als Assistentin des Malers Adrian Ghenie (* 1977) und übernahm später dessen Atelier in einer verlassenen Fabrik in Cluj-Napoca. Wie Ghenie gehörte sie einem Netzwerk lokaler Künstler:innen an, das mit der Kunstakademie in Cluj-Napocha verbunden war. In den frühen 2000er Jahren erlangten diese jungen Künstler:innen internationale Bekanntheit als die sogenannte Cluj Connection. Seit 2016 lebt Kafchin in Berlin. In Kafchins Bildikonografie verbindet sich Science-Fiction mit antiker Mythologie. Häufig treffen in ihren Werken Menschen und Maschinen aufeinander – manchmal als Gegner, meist jedoch als Hybride. Oft zeigt sie den menschlichen Körper als Baustelle inmitten eines Transformationsprozesses – umgeben von Gerüsten, in chemischen Laboren platziert oder Medikamenten ausgesetzt. Hortensia Mi Kafchin, die in einem männlichen Körper mit dem Namen Mihuț Boșcu Kafchin aufwuchs und sich derzeit in der geschlechtlichen Transition befindet, nutzt diesen Motivkanon, um persönliche sowie gesellschaftliche Konstruktionen von Geschlecht und Identität zu visualisieren. Das Self Portrait after FFS („Selbstportrait nach FFS“) gehört zu einer Reihe von Selbstbildnissen, die Kafchins Transitionsprozess begleiten. Es zeigt sie nach einer Facial Feminization Surgery (Gesichts-Feminisierungs-Operation), die Kafchin 2024 durchführen ließ. Unter FFS versteht man einen chirurgischen Eingriff, der darauf abzielt, die Gesichtszüge einer Person weiblicher zu gestalten, um das Wohlbefinden sowie die Übereinstimmung mit der neuen geschlechtlichen Identität zu befördern. Kafchin hat die Zeichnung auf monochromem, blaufarbenem Grund ausgeführt. Die Farbe Blau steht in der Kunstgeschichte für die Nacht, für Melancholie und tief empfundene Emotionen. Das Porträt zeigt sie mit einem leichten Lächeln und einem intensiven, prüfenden Blick.

Text: Marc Wellmann