Ivana de Vivanco
Denkarbeit, 2023
Öl auf Leinwand / oil on canvas
40 × 40 × 4,5 cm
Werkbeschreibung:
Das Gemälde zeigt eine figurative Darstellung einer Frau mit langen schwarzen Haaren, die ein lila Oberteil mit einem Regenbogenmotiv trägt. Die Figur ist in einem surrealen Stil gemalt, mit weichen Übergängen und einem fast schimmernden Effekt auf der Haut.
Das Gesicht weist warme Rottöne auf, insbesondere um die Wangen und Augenpartie, während die Stirn eine blassere, fast maskenartige Fläche bildet. Eine Hand mit orangefarbenen Fingernägeln liegt auf der Stirn, als ob sie etwas festhalten oder abziehen würde. An der Schläfe der Figur rinnt eine große Schweißperle herab.
Die linke Hand, die ins Bild greift, hat eine unnatürliche, grünliche Färbung und lang gestreckte Finger mit dunkelgrünen Nägeln. Diese Hände scheinen nicht zur Hauptfigur zu gehören, sondern könnten symbolische oder fremde Elemente darstellen.
Der Hintergrund ist ein leuchtendes Blau mit sanften Farbverläufen, das einen fast himmlischen Effekt erzeugt. Die Komposition spielt mit Farbkontrasten und kombiniert warme und kühle Töne, wodurch die Szene eine fast traumartige Qualität erhält.
Katalogtext:
Ivana de Vivanco ist eine chilenisch-peruanische Künstlerin. Sie wurde 1989 in Lissabon geboren. Sie wuchs in Santiago de Chile, Quito/Ecuador und Lima/Peru auf und studierte von 2008 bis 2013 Malerei an der Universität von Chile in Santiago de Chile. Von 2013 bis 2016 war sie Meisterschülerin an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig bei Annette Schröter. Nach einer Lehrtätigkeit an der HGB von 2021 bis 2023 ist sie dort seit 2024 als Professorin für Malerei und Grafik tätig. De Vivanco wurde mit zahlreichen Stipendien und Preisen ausgezeichnet, unter anderem von der Heinrich-Böll-Stiftung, vom DAAD und von der Marion Ermer Stiftung. In ihrem Werk behandelt sie, wie sich Machtdiskurse in Bildern manifestieren und durch diese wiederum fortgeschrieben werden. Mit analytischem Blick dekonstruiert sie traditionelle Ikonografien und Erzählungen, um aus ihnen mittels spekulativer Fiktionen neue Narrative zu entwickeln. Ihre Malerei steht im Austausch mit anderen Disziplinen – darunter Literatur, Naturwissenschaft, Psychoanalyse, Popkultur, Theater und rituelle Praktiken. Dabei hinterfragt sie die selektive Erinnerungskultur des Westens und schlägt verschiedene Lesarten des Kolonialismus, des weiblichen Körpers und der Utopie als Form historischer und persönlicher Heilung vor. Ausgestellt ist de Vivancos Werk Denkarbeit, das im Gegensatz zu ihren üblicherweise großformatigen Bildern von intimerer Natur und in kleinerem Maßstab gehalten ist. Das Bild zeigt eine Frau, die sich mit einer Hand an die schweißnasse Stirn fasst, während eine weitere fremd erscheinende Hand sie berührt. Die genaue Thematik bleibt offen, doch die Szene vermittelt ein Gefühl von Druck und Anspannung. Vielleicht handelt es sich um ein Selbstporträt der Künstlerin, die angesichts der enormen Schwierigkeit, Kunst zu schaffen, ins Schwitzen kommt. Das Denken ist Voraussetzung für jede Transformation und gibt uns Impulse zu agieren. Allerdings lässt das Denken immer auch unsere eigene nicht ganz unschuldige Position in der Gesellschaft bewusst werden.
Text: Sarah Letzel