Kerstin Serz

Zahnfleischblüten-Caeruleum, 2022

Öl und Acryl auf Nessel

40 × 40 cm

 

Werkbeschreibung:
Das Gemälde zeigt eine surreal anmutende Komposition aus einem weit geöffneten Mund und üppig wachsenden Pflanzen. Die Zähne sind groß, weißlich mit leicht organischen Unregelmäßigkeiten, und stehen in starkem Kontrast zum dunklen Inneren des Mundes. Die Lippen sind kaum sichtbar, das Zahnfleisch erscheint in einem warmen, fleischfarbenen Ton mit rissigen, strukturierten Oberflächen.

Zwischen den Zähnen und um den Mund herum wachsen grüne Blätter und blaue Blüten, die den Eindruck erwecken, als würden sie aus dem Mund heraus sprießen. Die Blätter sind mit weißen Sprenkeln überzogen, während die Blüten in einem leuchtenden Blau (Caeruleum) gehalten sind.

Der Hintergrund ist dunkel und bildet eine starke Kontrastfläche zu den leuchtenden Farben der Pflanzen und der hellen Zahnreihe. Die Malweise kombiniert realistische Elemente mit expressiven, fast ornamentalen Strukturen, insbesondere in der detaillierten Darstellung der Pflanzen.

 

Katalogtext:
Kerstin Serz wurde 1971 in Parsberg/Oberpfalz geboren. Von 1992 bis 1993 studierte sie Sinologie an der Freien Universität Berlin. Anschließend absolvierte sie von 1993 bis 1995 ein Studium der Ästhetik, Kunst- und Kulturwissenschaften im Rahmen eines Lehramtsstudiums für Bildende Kunst an der Hochschule der Künste (seit 2001 Universität der Künste) Berlin. Von 1995 bis 1999 studierte sie dort Bildende Kunst bei Leiko Ikemura und wurde 2000 ihre Meisterschülerin. Serz erhielt zahlreiche Stipendien, darunter 2006 das Stipendium der Dorothea-Konwiarz- Stiftung und der Karl-Hofer-Gesellschaft sowie 2023 ein Kulturaustausch-Stipendium für Südkorea der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Verbindung zwischen menschlichen Figuren, Tieren und Pflanzen bildet das zentrale Moment ihrer Werke. Durch die facettenreiche Komposition fragmentierter motivischer Elemente und den Einsatz von Dramatik und Ironie hat sie eine unverkennbare Bildsprache entwickelt. Ihr opulenter Malstil offenbart eine zutiefst persönliche Symbolik, die zwischen Sinnlichkeit und Rätselhaftigkeit oszilliert. Ihre Bildwelten entziehen sich eindeutigen Interpretationen und fordern dazu auf, das Ungeklärte anzunehmen. Mit jeder Arbeit erschafft sie eine Welt, die zugleich vertraut und fremdartig erscheint – ein Spiel zwischen Schönheit und Abgrund, Ordnung und Chaos. In Zahnfleischblüten-Caeruleum aus der Serie Zahnfleischblüten verschmelzen das Groteske und Surreale. Der Mund auf dem Bild ist weder eindeutig menschlich noch animalisch – es bleibt unklar, ob die Zähne die eines Tieres, Fabelwesens oder Menschen sind. Auffällig lange Reißzähne, eine mit Speichel benetzte Zunge und sichtbares rosiges Zahnfleisch scheinen mit den blauen Blüten, die sich aus den Zahnzwischenräumen und um den Mund winden, symbiotisch verbunden. Das beinahe irr wirkende Lachen vermittelt eine Mischung aus Bedrohung und Wahnsinn. Das Wortspiel des Titels – Caeruleum ist ein himmelblaues anorganisches Pigment – und die Blumen schwächen das Monströse hingegen ab.

Text: Sarah Letzel