Stefanie Bühler
Zerstörer, 2024
Epoxidharz, Holz
108 × 108 × 80 cm
Werkbeschreibung:
Die Skulptur zeigt ein schwebendes, massives Objekt, das an einen Meteoriten oder ein glühendes Stück Lavagestein erinnert. Seine Oberfläche ist unregelmäßig, rau und zerklüftet, mit tiefen Vertiefungen, Erhebungen und Rissen, die ihm eine organische, fast bedrohliche Anmutung verleihen. Die Farbgebung verstärkt diesen Eindruck: Intensives Rot und leuchtendes Orange wechseln sich mit dunklem Schwarz ab, sodass das Objekt wie eine glühende Masse wirkt, die gerade einer extremen Hitze ausgesetzt war.
Das Objekt wird von einem dünnen schwarzen Stab gehalten, sodass es scheinbar über dem Boden schwebt. Direkt darunter befindet sich eine große, unregelmäßig geformte schwarze Fläche – diese stellt einen Schatten dar, den das Objekt wirft. Durch diesen Schatten erhält die Skulptur eine zusätzliche Tiefenwirkung und verstärkt die Illusion, dass der „Zerstörer“ tatsächlich in der Luft schwebt, anstatt auf einer festen Basis zu ruhen. Der Schatten ist flach, hat aber eine weiche, unregelmäßige Form, als würde er sich auf einer unebenen Oberfläche ausbreiten.
Die gesamte Installation erzeugt ein Gefühl von Energie und Bewegung – als ob der „Zerstörer“ gerade erst vom Himmel gefallen ist oder sich durch seine Umgebung frisst. Die Kombination aus der glühenden Farbigkeit und der dunklen, schweren Schattenfläche verleiht dem Werk eine dramatische, fast außerirdische Präsenz.
Katalogtext:
Die Künstlerin wurde 1976 in Offenburg/Baden-Württemberg geboren. Nach einem Praktikum und Assistenzen im Bereich Bühnenbild bei verschiedenen Opernproduktionen von 1996 bis 1999 studierte sie von 1998 bis 2004 Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Von 2004 bis 2006 war sie dort Meisterschülerin bei Martin Honert. Stefanie Bühler erhielt 2004 ein Stipendium des Freistaats Sachsen und wurde 2005 mit dem Marion-Ermer-Preis ausgezeichnet. Im Jahr 2010 folgte ein sechsmonatiges Arbeitsstipendium der Kulturstiftung Sachsen. Seit 2012 lebt sie in Berlin.
Stefanie Bühlers plastische Objekte entstehen aus einem medialen Transformationsprozess. Sie schreibt dazu: „Die Objekte lassen sich als dreidimensionale Collagen verstehen, in denen sich eine Atmosphäre aus verschiedenen Komponenten verdichtet. Was sich meistens aus den ursprünglich gefundenen und bearbeiteten Abbildungen in den Objekten fortsetzt, ist ein darstellender Charakter.“ Anders als bei Bühnenbildern oder Dioramen, die einen festen Betrachtungsstandpunkt voraussetzen, fordern Bühlers mehransichtige Skulpturen zur dynamischen Interaktion heraus.
Die Skulptur Zerstörer zeigt einen glühenden Meteoriten oder Lavabrocken, der auf ein unbestimmtes Ziel zurast. Das Objekt scheint sich kurz vor dem Aufschlag zu befinden, was an seinem Schatten erkennbar ist, der zugleich die Plinthe der Skulptur bildet und durch einen Stab mit dieser verbunden ist. Der reißerische Titel eröffnet einen nicht näher definierten assoziativen Raum: Die Skulptur könnte etwa als Symbol zerstörerischer Naturgewalten interpretiert werden. Doch im Miniaturformat erscheint der Zerstörer nicht als Bedrohung, sondern eher wie eine Requisite aus einem Katastrophenfilm der 1960er Jahre. Die bewusst künstliche Darstellung, die Maßstabsverschiebung sowie die Draufsicht der Betrachtenden auf das seltsame Ereignis unterlaufen das mit der Benennung verbundene Pathos. Es bleibt die irritierende Präsenz des in Bewegung festgehaltenen Objekts im Raum bestehen, dem man normalerweise nicht derart nahe kommen könnte.
Text: Marc Wellmann