Zuzanna Czebatul
Andrea II, 2023
Bronze
63 × 44 × 49 cm
Werkbeschreibung:
Die Skulptur zeigt einen kräftigen, muskulösen Arm aus dunkler Bronze, der direkt aus der Wand herauszuragen scheint. Die Hand umklammert fest einen schweren Hammer mit einem massiven, kantigen Kopf, als wäre sie im Begriff, einen Schlag auszuführen. Die Haltung des Arms wirkt dynamisch und entschlossen, als gehöre er zu einer unsichtbaren, mächtigen Gestalt hinter der Wand.
Der Arm ist anatomisch detailliert ausgearbeitet: Die Muskeln sind stark definiert, die Sehnen und Adern sind leicht sichtbar, was die körperliche Kraft der Geste betont. Die Patina der Bronze verleiht der Oberfläche eine dunkle, leicht gealterte Anmutung, wodurch das Werk monumental und zeitlos wirkt.
Katalogtext:
Die 1986 in Międzyrzecz/Polen geborene Künstlerin studierte von 2007 bis 2013 an der Städelschule in Frankfurt am Main in der Klasse von Willem de Rooij; Gastsemester absolvierte sie an der Universität der Künste Berlin bei Josephine Pryde sowie an der Cooper Union School of Art in New York. Als Fulbright-Stipendiatin begann sie 2014 das MFA-Programm am Hunter College in New York.
Nach Residenzen in Vilnius, Prag, New York, Mailand, Rothenburg ob der Tauber sowie in Al-Ula /Saudi-Arabien war sie 2021 Gastprofessorin an der FavU Faculty of Fine Arts in Brno/Tschechien. 2022 wurden ihr der Allegro Prize und der Preis der Kunststiftung Erich Hauser verliehen. Seit dem Wintersemester 2024/25 leitet sie die Bildhauereiklasse an der Kunsthochschule Braunschweig.
Das Motiv der Bronzeskulptur Andrea leitet sich ab von Vulkan, dem antiken Gott des Feuers, der gemeinhin als muskulöser Schmied mit einem Hammer dargestellt wird. Davon abgeleitet findet sich das Arm und Hammer-Symbol weltweit in Handwerk und Industrie, im Bankwesen sowie in der politischen Bildsprache – etwa für lokale Regierungen, sozialistische Parteien oder die Arbeiterklasse.
Czebatuls Skulptur bezieht sich konkret auf die 1785 gegründete Berufsgenossenschaft „The General Society of Tradesmen and Mechanics of the City of New York“ und deren Logo, das in plastischer Form bis heute im Treppenhaus ihres 1899 erbauten Gebäudes zu sehen ist. Die Gründer dieser Genossenschaft verfolgten das Ziel, den Familien der Zunftbrüder, die New York erbauten, Zugang zu Bildung und somit zu sozialem Aufstieg zu ermöglichen.
Czebatuls Arbeit untersucht die Geschichte gewerkschaftlichen Engagements in den USA und verknüpft diese mit zeitgenössischen Fragestellungen. Die Pose des Arms, der zum Schlag ausholt, bleibt dabei bewusst ambivalent: Wird hier etwas erschaffen oder zerstört?
Der Titel Andrea ist sowohl als weiblicher als auch männlicher Vorname gebräuchlich und verweist damit auf das Überwinden traditioneller Geschlechterrollen in Handwerk, Wirtschaft und Politik. Eine weitere Version der Skulptur ist dauerhaft im Berliner Club Berghain installiert.
Text: Marc Wellmann