Malerei, Zeichnung und Künstlerbücher
Kuratiert von Frank Wagner
Die Malerin Galli stellt die Eindrücke des Alltags wie die der Mythologie als verquere, magische Szenerien dar. Ihre Zeichnungen und Bilder erzählen vom Ringen mit den Banalitäten des Tages wie von rätselhaftzauberischen Momenten, von Sexualität und Sehnsucht, Frust und Durchsetzungswillen und dem Humor des sich Verhedderns wie dem Spaß an verdrehten Wortbildern und dem Genuss am Irrsinn des Scheiterns. So entstehen fantastisch-bizarre Bilderzählungen.
Die 1944 geborene Künstlerin wurde bekannt als in den späten 1970er Jahren West-Berlins Kunstszene mit einer neuen, heftigen Form meist figurativer Malerei internationales Aufsehen erregte. Doch anders als die Malerinnen und Maler der „Neuen Wilden“ wurden Gallis Bilder jener Tage vor allem durch den Strich, die Linie und das Zeichnerische geprägt, was ihren Gemälden zugleich Leichtigkeit und Intellektualität verlieh. Galli ging ihren ganz eigenen Weg, der auch von zeitkritischen Anspielungen und feministischen Tendenzen geprägt ist. Bis heute sind es diese Elemente, die ihre gesamte künstlerische Produktion bestimmen. Zum Erkennungszeichen ihrer Kunst wurde eine surreale Szenerie in der merkwürdige, anthropomorphe Wesen mit gedehnten Extremitäten oder fabelhaft, beseelte Dinge und monströse Alltagsgegenstände in ein rätselhaftes Geschehen verstrickt sind.
Die Kunstwissenschaftlerin Hildtrud Ebert beschreibt die Arbeitsweise von Galli folgendermaßen: „Galli malt, zeichnet oder schneidet, wie man auch Geschichten erzählt. Ihre Bilder wachsen, Figuren und Formen werden immer wieder neu konfiguriert, andere hinzugefügt, manche weggemalt. Wann der Prozess abgeschlossen ist, weiß auch die Künstlerin nicht, denn wie bei jeder Geschichte, verschieben sich die Akzente, wenn sie in einem neuen Kontext wahrgenommen werden. So erscheint das Bild zunächst als fixierter Moment eines subjektiven Erlebnisses. Aber Galli zieht die Betrachter in ihre Geschichte hinein, bietet ihnen Stoff für eigene Assoziationen. Diese Mittlerrolle zwischen Kunst und Realität übernehmen Gegenstände, Figuren und Zeichen aus dem symbolischen Haushalt der Gesellschaft, oder aber solche, deren Bedeutung sich aus alltäglichen Gebrauchs- und Kommunikationszusammenhängen herleiten. […] Galli arbeitet an einer Entschleunigung der Wahrnehmung durch die irritierende Aufforderung, Bilder zu erleben. Das kann man romantisch nennen oder darin schlicht nur einen Akt vitaler Selbstbehauptung sehen, in einer auf Verwertung drängenden Zeit.“ (Hildtrud Ebert, „Rosa ist eine schöne Farbe, Rosa deckt sehr gut“, in: „Galli – Arbeiten 1994–2004“, Museum St. Ingbert 2004, S. 64–66)
In der Ausstellung sind Werke und Werkgruppen aus allen Schaffensphasen seit den 1980er Jahren zu sehen, auch Beispiele ihrer großformatigen Malerei, mit denen Galli sich in den Kunstdiskurs einer Neubewertung der Malerei im späten 20. Jahrhundert eingemischt hat. Ein spezielles Augenmerk richtet sich auf ihre Collagen und Künstlerbücher. Neben plastischen Collagen wird eine Auswahl ihrer geschnittenen und ungeschnittenen Bücher jüngeren und älteren Datums in der Ausstellung präsentiert, deren Komplexität und künstlerischer Reichtum, um die kostbaren Unikate zu schonen, mit Hilfe von Videoaufzeichnungen sichtbar gemacht wird.
Galli begann ihr Kunststudium an der Werkkunstschule in Saarbrücken, das sie 1967 abschloss. Sie studierte 1969 bis 1976 in Berlin Malerei an der Hochschule der Künste (heute UdK) und war ab 1975 Meisterschülerin bei Martin Engelman. Seither stellt sie im In- und Ausland aus. 1989 erhielt sie den renommierten Will-Grohmann-Preis der Akademie der Künste und 1990 wurde sie mit dem Villa Romana-Stipendium ausgezeichnet. 2003 erhielt sie den saarländischen Albert-Weisgerber-Preis für Bildende Kunst. Von 1992 bis 2005 war Galli als Professorin für Malerei, zeichnerische Darstellung und Illustration in Münster tätig. Ihre Werke sind in zahlreichen Sammlungen, darunter der Berlinischen Galerie und der Sammlung der Deutschen Bank.
Frank Wagner arbeitet seit 1985 als freier Kurator in Berlin. Er hat für die neue Gesellschaft für bildende Kunst Ausstellungen mit Valie Export (2003, Akademie der Künste), Felix Gonzalez-Torres (2006, Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart) und Alfredo Jaar (2012, Berlinische Galerie, Alte Nationalgalerie, nGbK) in Berlin verantwortet und Ausstellungen für das Museum Ludwig in Köln (2006, Das achte Feld. Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960) oder für das Cobra Museum Amsterdam (2008, Gewoon anders) kuratiert. 2014 war er als Kurator des 6. Europäischen Monats der Fotografie Berlin tätig.
VERANSTALTUNGEN
DONNERSTAG | 9. JULI 2015 | 18.30 UHR
Gespräch mit Galli und dem Kunsthistoriker Thomas Deecke (Berlin)
SAMSTAG | 29. AUGUST 2015 | 20.00 UHR
Metamorphosen der Figuration – Gallis Bilderwelten
Vortrag und anschließendes Ausstellungsgespräch mit der Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin Barbara Straka (Berlin/Potsdam)
(im Rahmen der Langen Nacht der Museen 2015)
Während der Langen Nacht der Museen ist das Haus bis 2.00 Uhr morgens geöffnet.
Abbildung: Galli, o. T., Auszug aus dem Zeichenbuch 2008 – 2013, Copyright VG Bild-Kunst, Bonn
Pressestimmen:
gallerytalk.net: „Mit reichlich Fantasie und zeichnerischer Expertise spinnt die Künstlerin Galli aus dem Alltäglichen skurril-märchenhafte Geschichten […].“ (Hannah Schraven, 30. Juni 2015)
http://www.gallerytalk.net/2015/06/berliner-kunstgriff-i-30-06-06-07-15.html
Der Tagesspiegel: „Mit der Ausstellung ‚Liebe und Lyrik sind zweckfrei‘ präsentiert das Haus am Lützowplatz einen Schatz.“ (Simone Reber, 12. Juli 2015)
http://www.pressreader.com/germany/der-tagesspiegel/20150712/282059095675012/TextView
taz: „Nackte Körper, gedeckte Tische, schmutziger Humor“ (Inga Barthels, 15. Juli 2015)
Berliner Morgenpost: „Reißt sich da jemand das Herz aus?“ (Andrea Hilgenstock, 19. August 2015)
http://www.morgenpost.de/kultur/article205581745/Viel-Schabernack-und-andere-Katastrophen.html
taz; „Ich denk nicht über Sehnsuchtsorte nach“ (Waltraud Schwab, 29. August 2015)
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