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Eröffnung: Donnerstag, 13. November 2014, 19 Uhr
Erik Niedling (*1973) hat sich als konzeptueller Fotograf einen Namen gemacht, indem er die Aneignung von Geschichte und das Ephemere ins Zentrum verschiedener Werkserien stellt. In Folge einer seit 2006 andauernden Kollaboration mit dem Schriftsteller Ingo Niermann erfuhr sein künstlerischer Ansatz eine neue Ausrichtung.
Nach der gemeinsamen Arbeit an der Idee der Großen Pyramide realisierten sie 2010 zusammen den Dokumentarfilm The Future of Art. In Form eines Roadmovies erzählt dieser von den Begegnungen mit verschiedenen Protagonisten des zeitgenössischen Kunstbetriebs (u.a. Hans Ulrich Obrist, Boris Groys, Olafur Eliasson, Harald Falckenberg, Damien Hirst) sowie der Entwicklung des Konzeptes des Pyramidenberges durch Ingo Niermann: Eine mindestens 200 Meter hohe Pyramide soll aus einem existierenden Berg herausgeschlagen werden. Nach der Beisetzung ihres Besitzers wird die Pyramide wieder mit dem zuvor abgetragenen Material bedeckt, um die ursprüngliche geologische Form wieder herzustellen. War die Idee (und Finanzierung!) dieses Werks ursprünglich an die Figur eines einzelnen Sammlers geknüpft, übertrug sie Ingo Niermann am Ende der Dreharbeiten an Erik Niedling, der sie seitdem als strukturgebendes Denkmodell seiner künstlerischen Arbeit verwendet.
Eine radikale Fortsetzung der Kollaboration zwischen dem Künstler und dem Schriftsteller manifestierte sich darauf im Projekt Mein letztes Jahr, bei dem Erik Niedling im Zeitraum vom 1. März 2011 bis 29. Februar 2012 nach einer von Ingo Niermann in einem früheren Zusammenhang verfassten Anweisung (Drill) konsequent ein Jahr lang lebte, als sei es sein letztes. Am Ende des Projektes, das u.a. in Form eines Tagebuchs dokumentiert ist, stand eine Ausstellung im Sommer 2012 im Neuen Museum Weimar. Sie war als Grabkammer des Pyramidenberges konzipiert, in der Erik Niedling nicht nur bestattet werden möchte, sondern die auch als künftiger Aufbewahrungsort für sein biographisches und künstlerisches Archiv dienen soll. Die Monumentalität des Bauwerks – nach behördlichen Widerständen wurde dessen potentielle Realisierung aktuell von Deutschland aus auf das Territorium der Russischen Föderation verlegt – rührt nicht aus dem Anspruch, sich eine solche Grabstätte in irgendeiner Weise verdient zu haben. Vielmehr wird damit der bereits auf antike Vorbilder zurückgehende Mythos des jungen und genialischen Künstlers von Niedling kritisch reflektiert und Fragen der eigenen Endlichkeit und des Verschwindens behandelt.
Die Ausstellung im Haus am Lützowplatz basiert auf den weiteren Überlegungen zur Realisierung des Pyramidenbergs nach Erik Niedlings Weiterleben über den 29. Februar 2012 hinaus. Er versteht die Überschreitung dieser Datumsgrenze als regelrechte Wiedergeburt mit beträchtlichen Auswirkungen auf die eigene künstlerische Haltung sowie auf das Verständnis von der Rolle des Künstlers in der Gesellschaft. Im Zentrum der Ausstellung, die aktuelle Werke aus den Jahren 2012 bis 2014 vereint, stehen neben den am Computer bearbeiteten Pyramid Mountain Photographs die Pyramid Paintings, bei denen Niedling den Ruß von verworfenen und vernichteten Malereien als Farbmittel für abstrakte gestische Notationen verwendet. Erst wenn Niedling die Arbeit an den Pyramid Paintings so weit perfektioniert hat, dass sie ihm in längerer Folge ausnahmslos zufrieden stellen, findet die Serie ihre Vollendung. Nachdem Niedling in seiner Serie Teilchen (2012) den Ruß seiner aussortierten Arbeiten auf Glasplatten einfing, reibt er ihn in den Pyramid Paintings auf den Bildträger Leinwand und knüpft damit an eine bis zur Höhlenmalerei zurückreichende Bildtechnik an. Niedlings Malerei ist ein Innehalten vor der übergroßen Herausforderung, den Pyramidenberg zu realisieren. Der Wechsel von Schöpfen und Zerstören gleicht den Zyklen des Lebens, der Abschluss der Serie dem Tod in Perfektion.
Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Mittelthüringen.
Weitere Informationen zum Künstler: erikniedling.com
Courtesy Exile, New York / Berlin
Die Ausstellung findet im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie Berlin statt.
Weitere Informationen: http://www.mdf-berlin.de/de/
Pressestimmen (Auswahl)
Süddeutsche.de: „Mir ist nichts mehr peinlich“, Interview mit Erik Niedling (Ruth Schneeberger)
www.sueddeutsche.de/kultur/
Camera Austria: Ausstellungsrezension von Raimer Stange
http://camera-austria.at/zeitschrift/129-2015-2/
DRadio Wissen: Erik Niedling lebt ein ganzes Jahr, als sei es sein letztes. Auf Listen hat er aufgeschrieben, was er alles erledigen will. (Dörte Fiedler)
http://dradiowissen.de/beitrag/erik-niedling-lebt-sein-letztes-lebensjahr
Jeunes Commissaires: Zehn Ausstellungstipps zum Europäischen Monat der Fotografie (Sabine Weir)
hwww.jeunescommissaires.de
cee cee: Investieren mit Erik Niedling & Ingo Niermann: Pyramid Dollar
http://ceecee.cc/investieren-mit-erik-niedling-ingo-niermann-pyramid-dollar/
DRadio Wissen: Erik Niedling lebt ein ganzes Jahr, als sei es sein letztes. Auf Listen hat er aufgeschrieben, was er alles erledigen will.
http://dradiowissen.de/beitrag/erik-niedling-lebt-sein-letztes-lebensjahr
Opening: Thursday, 13. November 2014, 7 pm
Erik Niedling (*1973) is known as a conceptual photographer, who placed disappearance and the ephemeral at the center of several work series. As a result of a collaboration with the writer Ingo Niermann, ongoing since 2006, his artistic approach has taken a wholly new direction.
Following their work on the idea of the Great Pyramid, they produced the documentary The Future of Art together in 2010. In the form of a road movie, it tells of encounters with a number of protagonists in the contemporary art world (including Hans Ulrich Obrist, Boris Groys, Olafur Eliasson, Harald Falckenberg, Damien Hirst) and of the development of the Pyramid Mountain concept by Ingo Niermann: the plan is to cut a pyramid of at least 200 meters height from an existing mountain. After the burial of its owner, the pyramid is covered with the removed material once more, restoring the original geological form. While the idea (and funding!) for this work originally was tied to the figure of a single collector, at the end of the film shoot Ingo Niermann reallocated it to Erik Niedling, who has adopted it as a guiding idea for his artistic work.
A radical continuation of the collaboration between the artist and the writer manifested itself in the project My Last Year, from March 1, 2011 to 29 February 2012, a year during which Erik Niedling unswervingly lived as if it were his last, adhering to an instruction (drill) laid out by Ingo Niermann in an earlier context. At the end of the project, which is also documented in the form of a diary, stood an exhibition in the summer of 2012, at the Neues Museum Weimar. It was designed as the burial chamber of the Pyramid Mountain in which Erik Niedling would not only be buried, but that would also serve as the future locus for his biographical and artistic archive. The monumentality of the building – in reaction to the disapproval of German officials, its potential realization is currently set in Russian territory – is not derived from any claim to have earned such a burial site. Rather Niedling critically reflects the myth of the young and ingenious artist that dates back to ancient precedents and examines issues of mortality and disappearance.
The exhibition at Haus am Lützowplatz is based on the deliberations for the realization of Pyramid Mountain that followed Erik Niedling’s survival beyond February 29, 2012. He identifies the crossing of this date line as a veritable rebirth with a considerable impact on his artistic attitude and on the understanding of the role of artists in society. In addition to the Pyramid Paintings, in which Niedling uses the soot of discarded and destroyed paintings as colorants for abstract gestural notations, the computer-processed Pyramid Mountain Photographs are the focus of the exhibition that combines current works from the years 2012-2014. Only when Niedling has perfected his work on the Pyramid Paintings to the point that they unvaryingly satisfy him over a long sequence will the series find completion. After Niedling captured the soot of his scrapped works on glass plates in his Teilchen (2012) series, he now rubs it onto canvases in his Pyramid Paintings, creating a link to an imaging technology that harks all the way back to cave paintings. Niedling’s painting is a pause in the face of the oversized challenge of making the Pyramid Mountain a reality. The alternation of creation and destruction recalls the cycles of life, and the completion of the series resembles death in perfection.
More information about the artist: erikniedling.com
Courtesy Exile, New York / Berlin
The exhibtion is part of the European Month of Photography Berlin.
More information: http://www.mdf-berlin.de/en/
Friendly supported by Sparkasse Mittelthüringen.
Programm zur Ausstellung
13. November 201419.00 Uhr
Ausstellungseröffnung
Erik Niedling – Eine Pyramide für mich 04. Dezember 2014
18.30 Uhr
Kolja Reichert
Give up your bank account! Geld funktioniert nicht mehr. 15. Januar 2015
18.30 Uhr
Erik Niedling und Ingo Niermann
Pyramid Dollar – das bessere Gold