Außer dem unmittelbaren Umfeld des bereits jetzt legendären Regisseurs Werner Schroeter ist bislang kaum bekannt, dass er seit Beginn seiner künstlerischen Arbeit unablässig fotografierte. Anders als Regisseure, die fotografieren, um Orte, Szenen oder Menschen für ihr Projekt „festzuhalten“ oder „auszuprobieren“, sind die Fotografien Schroeters eigenständige Werke, Landschaftsaufnahmen, Stilleben, und doch zumeist Porträts der Menschen, mit denen er arbeitet, wie Isabelle Huppert. Dabei entstanden sie meist zufällig, wie nebenbei, mit vorhandenem Licht und in der aktuellen Umgebung. Dazu passt, dass Schroeter nur mit Polaroid, Minox und sogar Wegwerfkameras arbeitet.
Allen Fotografien ist eine suggestive Aura eigen. Darin zeigt Schroeter eine ähnlich ausgeprägte Sensibilität für Komposition und das Spiel mit Emotionen, wie sie einst der junge Stanley Kubrick als Fotograf bewies, bevor er Filmemacher wurde. Schroeter, der 2010 das 65. Lebensjahr vollenden wird, firmiert als „einer der letzten großen Melodramatiker des europäischen Kinos“.
Die meisten Fotoarbeiten Schroeters seit 1973 bis heute wurden dank der intensiven Recherche des Kunsthändlers Christian Holzfuss, einem langjährigen Freund Schroeters, seit 2004 dokumentarisch erfasst. Nun galt es, sie technisch aufzubereiten und einem großen Publikum in Ausstellungen zu präsentieren.
Eine erste Ausstellungsstation der Fotografien Schroeters bildet das Haus am Lützowplatz Berlin, wo von Dezember 2009 bis Februar 2010 eine Auswahl nach Schroeters Vorgaben gezeigt wird.
Werner Schroeter, geboren 1945 in Thüringen, aufgewachsen in Bielefeld, Heidelberg und Italien, setzte seit Ende der 1960er Jahre seine Begeisterung für Kino und Oper künstlerisch um. Er schuf bislang an die 35 Spielfilme sowie mehr als 70 Opern- und Theaterinszenierungen. Zu den Hauptwerken Schroeters zählen das virtuose kalifornische Frauenmelo „Willow Springs“ (1972) und „Der Rosenkönig“ (1984-86). Für Schroeters Film Malina (1990) schrieb Elfriede Jelinek das Drehbuch nach einem Roman von Ingeborg Bachmann, in der Hauptrolle Isabelle Huppert. 2008 schuf Schroeter einen neuen Film, Diese Nacht (Nuit de Chien), und erhielt in Venedig den Goldenen Löwen für sein Gesamtwerk.