Als Ehepaar verbunden, doch weit davon entfernt, als „Künstlerpaar“ in Erscheinung zu treten, zeigen Nanaé Suzuki und Folke Hanfeld, die wir schon von vielen Einzel- oder Gruppen-Präsentationen in Berlin kennen, erstmals gemeinsam neue Arbeiten, darunter einige, die eigens für die zweimonatige Ausstellung im Haus am Lützowplatz vorbereitet wurden.
Kennengelernt hatten sich die Künstlerin aus Tokyo und der Künstler aus Berlin 1984. Wie von selbst ergänzten und überschnitten sich damals die Aktivitäten der beiden: Folke Hanfelds dreidimensionaler Schatten eines Papageienkäfigs wurde von den vorübergleitenden Vogelstimmen auf Fahrrädern von Nanaé Suzuki durchkreuzt. Daraus wurde eine Lebens-Partnerschaft.
Nanaé Suzuki, die in den letzten Jahren vor allem mit ihren Arbeiten „Augenflug“ – aquarellierten Stadtlandschaften aus der Vogelperspektive – die Aufmerksamkeit auf sich zog, zeigt eine Reihe diabolisch-irritierender Fotoarbeiten: Farbige Selbstportraits, auf denen sie ihr Gesicht mit einer jeweils anders gestalteten Fotokopie, einer Art „Null-Maske“, verhüllt, seien es dabei Zahlen, Buchstaben oder ein Schmetterling. Der Betrachter wird von einem unheimlichen, mysteriösen Wechsel sich ablösender und neuer Identitäten attackiert, die zusätzlich durch Unschärfen und Verwaschungen beeindrucken und verstören. In einer scheinbaren Auslöschung des Selbst unter der Oberfläche eines Anderen, des Faces zugunsten des Surfaces, verbirgt und entbirgt Suzuki ihr eigenes Gesicht.
Folke Hanfeld wartet mit einer anderen Art von Oberflächenphänomenen auf, indem er seine schon in der Galerie „KunstBank“ angedeuteten raum- und architekturbezogenen Arbeiten mit Mustern und Modellen ausweitet.
Zunächst erfährt der Besucher, die Besucherin netzhautnah Stadtgeometrisches, dem Folke Hanfeld schon mit seinen Polyeder-Rekonstruktionen um den Potsdamer Platz nachspürte. Beim Blick durch ein großes Spiegelstereoskop und vier kleine Tischstereoskope eröffnen sich weite und lichte stereofotografische Ansichten Berlins, die die Hauptstadt wie ein Modell erscheinen lassen und ihren gegenwärtigen Zustand mit der Präzision des Augenblicks mehrdimensional dokumentieren.
Bezüge zu Nanaé Suzukis Entsubjektivierungsverfahren stellen sich dann mit Hanfelds Auswahl aus einer Kollektion von Mustern ein. Mittels des Rechners und mit der Beharrlichkeit eines arabischen Geometers hat er in den letzten zwei Jahren Muster nach- und neukonstruiert, wobei er ihren Ursprüngen in den alten nordafrikanischen, vorderasiatischen und chinesischen Kulturen nachging. Diese Muster verteilen sich in flächendeckenden Tänzen gestisch im Raum, schaffen neuartige diagonale Dimensionen und, indem sie sich der Perspektive enthalten, Wahrnehmungsfelder, die in numerischer Regelmäßigkeit die Wirklichkeit der Wiederholung behaupten.
Zwei Kataloge sind integraler Bestandteil dieser Ausstellung, mit der sich Folke Hanfeld und Nanaé Suzuki an ein Publikum wenden, das mit ihnen die Vorliebe für Extremes und Anderes teilt, um Brücken zu schlagen, Linien zu ziehen und neue Wege der Network-Kommunikation zu begehen. (Christian Bertram)
Ausstellungen
Nanaé Suzuki und Folke Hanfeld
Brückenlinien
19. August – 14. Oktober 2001