
Die Ausstellung vereint neue Gemälde von Karl Goerlich (*1981 Holzweissig bei Bitterfeld) und Bronzeskulpturen sowie eigens für die Räume des Hauses entwickelte Wandarbeiten von Claas Gutsche(*1982 Blankenburg/Harz).
In seinen schwarzweißen Linoldrucken – einer ein wenig aus der Mode geratenen Technik, die er mit großer Könnerschaft beherrscht – beschäftigt sich Claas Gutsche mit unter der Oberfläche und hinter der Fassade verborgenen menschlichen Abgründen. Für „Der goldene Vorhang“ hat Gutsche großformatige schwarzweiße Papierarbeiten entworfen, mit denen alle Wände der Ausstellungsräume des Haus am Lützowplatz tapeziert sind. Die darauf abgebildeten Zäune, Mauern und Hecken – Motive, die schon früher in Gutsches Arbeiten erscheinen – markieren zum einen deutlich die Begrenzung der Ausstellungsräume, zum anderen aber erweitern sie diese und lenken die Aufmerksamkeit auf das, was dahinter, hinter den Maschen, Stacheln, Streben und Steinen, verborgen sein könnte.
Gleichzeitig dienen diese alles andere als heimeligen „Tapeten“ als Hintergrund für die Grafiken und Gemälde beider Künstler. Auf Gutsches Linolschnitten sind unzugängliche Gebäude und Tatorte von Verbrechen zu sehen – ohne deren Geschichte preiszugeben – sowie die sie umgebenden Begrenzungen. Gutsche setzt so Wissen und Unbekanntes, Enthülltes und Verborgenes zueinander in Beziehung und untersucht unser Verhältnis dazu.
In den kraftvoll farbigen Gemälden (Ölkreide auf Leinwand bzw. Papier) von Karl Goerlich tauchen immer wieder Embleme, Symbole, Heldenfiguren auf: Stahlhelme, das Siegeszeichen formende Handschuhe, ein Hai, heroisch überhöhte Körper – aber auch Smileys und Mickymäuse – zusammengefügt zu rätselhaften, bisweilen verstörenden Kompositionen in kreisrunden gemalten Rahmungen. Für den Maler sind Themen wie die Entstehung und der Einsatz von Macht und Gewalt sowie die Auseinandersetzung mit Farbe von zentraler Bedeutung. Goerlich ist nicht nur fasziniert von den Mechanismen und Mustern, auf denen Machtgefüge beruhen, sondern auch von der Ästhetik, mit der sich Macht und Gewalt in ihren vielfältigen Formen darstellen.
Auf einem Bild schreibt eine junge Frau „Resources“ von ‚innen’ an die Bildoberfläche – oder ist es eine Glasscheibe? –, die sie vom Betrachter trennt. Ein fratzenhafter Smiley verdeckt ihr Gesicht und scheint die Schönheit ihrer Gestalt zu verhöhnen. Auf einem anderen Bild sehen wir ein eingeschneites, von einer nur angedeuteten Umzäunung eingefasstes Haus – ohne sichtbaren Ein- und Ausgang, und doch steigt aus seinem Schornstein Rauch auf. „Konzentration“ heißt dieses Gemälde und bildet den schöpferischen Prozess als zugleich nach innen gewandte und nach außen gerichteten Vorgang ab.
So geht es in den ausgestellten Arbeiten beider Künstler immer wieder um Innen und Außen, um tatsächliche und vermeintliche Grenzen, die in Auflösung begriffen scheinen, nur um sich dort umso machtvoller wieder in den Blick zu stellen.