
Die Ausstellung „Die letzten Grenzen fallen“ präsentiert erstmals einen umfassenden Einblick in das künstlerische Werk von Fabian Knecht.
Der 1980 geborene Künstler hat zahlreiche Musikvideos gedreht, Tour- und Konzertdokumentationen für renommierte Musiker übernommen sowie die Kamera in einem jüngst prämierten Spielfilm geführt. Seit 2007 ist er Student von Olafur Eliasson am Institut für Raumexperimente in Berlin.
In unserer Ausstellung zeigen wir Fotografien, Installationen, Videoarbeiten und Gemälde, in denen Knecht gesellschaftliche Grenzen thematisiert, bricht und überschreitet. Er bespiegelt verschiedene Zustände des Rausches, Momente der Ekstase und des Verschmelzens des Einzelnen mit der ihn umgebenden Masse. Das präsentierte Spektrum reicht dabei von berauschenden Konzerterlebnissen über die kontemplative Naturverschmelzung bis hin zur malerischen Selbstreflektion.
In seiner Videoarbeit „Bergbesteigung“ (2010) ermöglicht er es den Betrachtern, einen Berg zu besteigen, ohne ihn zu besteigen. Aus der point of view Perspektive gefilmt, können die Betrachter der Videoarbeit einen Berg in Island besteigen, ohne den Ort wechseln zu müssen. Ein ähnlicher Wunsch nach der Realisierung des eigentlich nicht Realisierbarem ist in seiner Videoarbeit Fabian Knecht spielt Johann Sebastian Bach (2009) spürbar. Das Video zeigt Knecht, der durch das Befestigen seiner Finger an die eines professionellen Klavierspielers in der Lage war, Johann Sebastian Bach zu spielen. Mit der Hilfe einer einfachen Befestigung ist jede/r in der Lage, Bach zu spielen, ohne Bach spielen zu können.
In seiner Aktion „Fred spuckt in den Pazifik“ (2010) realisiert Knecht das nahezu Unmögliche: Er transportierte die Spucke eines todkranken Kindes im Glas per 14-tägiger Eisenbahnfahrt zum Pazifik. Das letzte Bild der hier ausgestellten Fotoserie zeigt die Übergabe der Spucke an das Meer bzw. „wie Fred in den Pazifik spuckt“.
„Die Party ist vorbei“ (2010) schrieb Knecht auf einen Zettel, zerknüllte ihn und warf ihn im Mai 2010 kurz vor dem Beginn des Rammstein-Konzertes in die Menge. Nach dem Konzert fischte er ihn aus den zig Müllsäcken, die er sich in sein Atelier hatte bringen lassen, mühsam wieder heraus. Zettel und Müll manifestieren, was der programmatische Titel bereits vorweg genommen hatte: Die Party ist vorbei, doch die Spuren der Ekstase sind noch sichtbar.
Am Tag der Eröffnung, dem 23. September 2010, wird Knecht den Lützowplatz von allen Autos deinstallieren. Seine Aktion Befreiung ermöglicht es Anwohnern, Berlinern, Besuchern und Touristen einmalig, diesen Platz „befreit“ wahrzunehmen. Eine Vorgängeraktion fand dieses Jahr in der Christinenstraße in Prenzlauer Berg statt.
In seiner Fotografie-Serie „Personal Jesus“ (2007) hat Knecht ekstatische weibliche Fans beim Auftritt der Teeniepopband Tokio Hotel abgelichtet. In den weinenden, kreischenden und flehenden Blicken der Mädchen, in dem Kampf um ein von der Bühne geworfenes Handtuch, spiegeln sich alle Facetten der besonderen Energie, die bei solchen Live-Auftritten freigesetzt wird. Grenzen gibt es nicht mehr.
Im Gegensatz zu den Aufnahmen der „Personal Jesus“ Serie ist die Stimmung der Fotografie „Auflösung“ (2005) meditativ. Sie zeigt Alec Empire, Erfinder des brachialen Berliner Technopunks und Kopf der gerade wiedervereinigten, skandalträchtigen Band Atari Teenage Riot, beim Konzert in Paris. Selbstvergessen schwebt er mit geschlossenen Augen und nacktem Oberkörper auf den ausgestreckten Armen seiner Fans.
Zwei weitere Highlights der Ausstellung sind Knechts großformatige Selbstportraits „midnight is where the day begins“ und „is it bright where you are“ (beide 2010). Hinter einem Glaskasten verborgen, sind die dreidimensional wirkenden Arbeiten nicht mehr als Gemälde zu identifizieren. Knecht erfindet eine neue Art der Malerei, in der die Unschärfe des Bildes zum Verlust des Raumes führt. Fast beiläufig stellen die beiden Gemälde die Frage, ob die Einteilung in verschiedene Medien inzwischen obsolet geworden ist.
Uwe Flade gehört zu den bekanntesten deutschen Musikvideo-Regisseuren. Er drehte für Depeche Mode, Rammstein, Franz Ferdinand, Zoot Women, A-ha und viele andere internationale Künstler. Wir zeigen in unserer Ausstellung zwei Videoarbeiten von ihm. Eine zeigt zwei Pontiac Grand Prix 1989, nachdem sie ausgebrannt sind: „Ikonen am Strand. Das Feuer der Fortbewegung erlischt.“
Andreas Greiner und Julian Charrière sind Studenten der Klasse von Olafur Eliasson am Institut für Raumexperimente, die der Berliner Universität der Künste angegliedert ist. Greiner und Charrière zeigen ihre in Zusammenarbeit mit dem Institut für Biologie entstandenen Arbeiten Reversion C (2010) und Reflektor I (2010), die Bakterienkulturen auf Agar Agar erforschen.
Raul Walch, 1980 geborener Künstler, der ebenfalls am Institut für Raumexperimente der UdK Berlin studiert, wird im Garten seine aus Lack, Holz und Fallschirmseide bestehende Skulptur „Titel verworfen“ (2009) zeigen.
Tyler Friedman, Soundkünstler aus London, wird am Eröffnungsabend eine Performance machen.