
Kuratiert von Katharina Schilling
Das Haus am Lützowplatz freut sich sehr, die erste umfassende Einzelausstellung von Jim Avignon in Berlin zu präsentieren. Wir zeigen Bildern, Poster, Installationen, Flyer und Videoarbeiten aus den Jahren von 1991 bis heute.
Mit dem Establishment hat Jim Avignon so seine Probleme. „Me and the establishment, we will never become friend” heißt es in einem Song seines Musikprojektes Neoangin.
Das verwundert nicht, Jim Avignon malt fast immer und überall und verdammt schnell. Bis zu drei Arbeiten pro Tag und auch mal eine ganze Ausstellung in einer Woche. Seine Bilder zeigt er nicht in den renommierten Galerien dieser Welt, sondern in kleinen Off-Galerien, alternativen Kunst- und Kulturinstitutionen, Kellerclubs. Dort fing Anfang der 90er Jahre alles an. Jim Avignon kam nach Berlin und wurde der gefragteste Künstler der neuen Techno-Hauptstadt. Immer mittendrin, immer dabei, Teil eines großen Netzes aus Künstlern, Musikern und Kreativen. Diese grenzen sich von den „daytime workaholics“ ab – sie sind „on a different kind of train“ wie Jim Avignon als Neoangin auf seinem 2005er Album „unhappy house“ verkündet.
Musik und Kunst zu machen ist für Jim Avignon ein Lebensgefühl, das nicht unbedingt etwas mit Geld verdienen zu tun hat. Er hat der Welt etwas mitzuteilen, möchte seine Werke zeigen. Ist keine Ausstellungsmöglichkeit in Sicht, schafft er sich eine: Durch die Gründung einer Streetartgalerie, eines Kunstvereins, einer Bar oder eines Clubs.
Diese Projekte sind kurzlebig, ebenso wie seine Bilder. Um zu demonstrieren, dass es ihm nur um den Inhalt des Gezeigten geht, zerstört er seine Werke mitunter unmittelbar nach der Präsentation. Er lässt Ausstellungen von Kampfrobotern niederwalzen oder Omas, Motorräder und Kinder durch seine Gemälde springen.
Jim Avignon ist ein Beobachter, der mit offenen Augen durch die urbane Nacht streift und dort die Gestalten trifft, die in seinen Bildern wieder auftauchen: die starving artists, die eternal nerds, die namedroppers, die global players, die parasites in paradise, die freaks, den snooty snob, den well connected man, das beautiful asshole, den dandy, den soft rebel.
Er thematisiert die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft, in der „time“ gegen „money“ kämpft und die Zahl der schlaflosen Nächte beständig steigt: „no time to remember, no time to repeat, 3 weeks without shaving and one without sleep“.
In seinen Songtexten formuliert Jim Avignon das, was in seinen Bildern sichtbar ist. Kunst und Musik, Jim Avignon und Neoangin sind untrennbar vereint. In seinen Ausstellungen gibt er Konzerte und seine Auftritte begleiten Performances mit selbstgemalten Comicmasken. Seine Alben erscheinen nie ohne liebevoll gestaltetes Booklet, in denen er schreibt, dass er gegen die Vervielfältigung seiner CDs nichts habe, es vielmehr als Kompliment sehe. Jim Avignon möchte alles mit allen teilen: Musik, Kunst, Konzerte sind meist Projekte von Freunden, vermittelt oder angeregt durch diese. So ist auch das Ausstellungsprojekt im Haus am Lützowplatz ein Projekt von Freunden, mit Freunden und für Freunde, denn: „If you don´t have friends, it can be the end.“