Eröffnung: Freitag, 12. Juni 2015, 19 Uhr
HINWEIS: Wegen Umbaus in den vorderen Ausstellungsräumen des HaL ist die Studiogalerie vom 23. Juni – 2. Juli 2015 geschlossen.
Mit Werken von:
Ruprecht Dreher, Peter Freitag, Nicholas Kashian, H. C. Petersen, Oliver Ross und Marco P. Schaefer
Die Ausstellung versammelt sechs Künstler deren Werkstoff Papier ist unter dem Begriff des „Icons“. Zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze werden in den gezeigten Arbeiten deutlich: Einerseits die Rekombination, bzw. die Auslöschung ikonischer Zeichen von / aus vorgefundenem Material, andererseits die Konstruktion ikonisch anmutender Zeichen aus blankem, nicht vorgeprägtem Material. Beiden Ansätzen gemein ist die Dekonstruktion des Icons als „ähnliches Zeichen“ und damit die Loslösung aus seinem Gebrauch als gesteuerte Assoziation. Eine Loslösung, die den Betrachter die allgegenwärtige ikonische Prägung unserer Gesellschaft des „Iconic Turn“ durch die Eröffnung neuer assoziativer Räume erfahren läßt. Bei der Auswahl der Positionen wurde Wert auf die Nachvollziehbarkeit der künstlerischen Operationen gelegt. Das heißt: Schnitte und Schichtungen werden nicht kaschiert, sondern sind im Gegenteil präzise ausgearbeitete Erweiterungen in den Raum. Folgerichtig lösen sich die Arbeiten teilweise von der Wand und transformieren zu dreidimensionalen Objekten. Dieser formale Aspekt verstärkt die Auflösung des symbolischen „Icons“ durch seine Betonung des real Stofflichen.
Jörg Haseheider, www.transformator-plus.com
Hintergründe:
Dark Matter, the known unknown. Eine Alles umfassende, unbekannte Struktur, in der das Bekannte wie peripher abgelegt Engramme sporadisch aufleuchtet. Dunkle Materie bildet 84,5 % der Materie des Universums und entzieht sich unserer Wahrnehmung. Die unsere Wahrnehmung konstituierende sichtbare Materie wird geformt von hypothetischen Kräften.
Mit der Ikonisierung des Öffentlichen Raums durch „Architektonische Ikonen“ und Werbung treten die sinn-und formbildenden Kräfte der sozialen Funktionen und des gesellschaftlichen Diskurses in den Hintergrund. Die Welt, die in Erscheinung tritt, wird geprägt von Marketing-und Kapitalinteressen. In ihrer Überfülle umkreist die Ausstellung das Abwesende: Die Bedeutung oder, mit Oliver Ross, die Seele die es wahrscheinlich nicht gibt.
Mit der dichten Hängung, Positionierung der Werke in den Räumen der Studiogalerie des HaL wird eine Reizüberflutung analog zur ikonischen Besetzung des öffentlichen Raums erzeugt, wobei die Icons durch Leerstellen, Spannungsfelder und Fragmente ersetzt sind.
Die Künstler:
Ruprecht Dreher (*1951) studierte von 1971 bis 1978 bei Joseph Beuys an der Akademie Düsseldorf. Seit 1978 lebt und arbeitet er in Berlin. Seit 1987 stellt er aus u.a. in Düsseldorf, Köln, Berlin, Leipzig, sowie in Mailand, Budapest, Paris, San Francisco, New York, Basel, Venedig. Seine wesentliche künstlerische Arbeit ist der abstrakten Malerei gewidmet, wobei die Farbe und ihre Materialität im Vordergrund steht. Er untersucht ihre Entfaltung auf Grund, Form und Körper, als physische Kraft und in ihrer Objekthaftigkeit. Seinen Arbeiten liegt ein dialogisches/dialektisches Bilden zugrunde; Gegenseitiges, Gegensätzliches ruft sich hervor und bedingt sich: davor/dahinter; alt/neu; positiv/negativ; stumpf/glänzend. Die Oberfläche wird zur Topographie. Seine Arbeiten werden zuweilen gedeutet als abbild-abstrakte (aber gleichzeitig material-konkrete) Narration.
www.ruprechtdreher.de
Peter Freitag (*1972) ist ein digital-analoger Bilderderangeur. In seinen Arbeiten manipuliert er den schönen Schein medial vermittelter Bilder, indem er die verheißungsvollen Oberflächen der uns umgebenden Bilderwelt perforiert und mit offenen Bedeutungsebenen versieht. Seine Eingriffe unterbrechen die ursprünglich lineare und eindeutige Absicht und Funktionsweise der Werbebilder und eröffnen so neue Assoziationsräume.
www.peterfreitag.com
Nicholas Kashian (*1980) studierte an der Arizona State University und der University of Illinois, Chicago. Er lebt und arbeitet in Berlin. Sein Werk zeigt die möglichen Stärken einer visuellen Schizophrenie in der paralellen Verarbeitung einer Vielzahl möglicher Richtungen und Positionen bildnerischer Ausdrucksformen. In seinen Zeichnungen, Collagen und Gemälden verwirft Kashian angeeignetes Wissen und gelangt zu einer sich ständig verändernden Darstellung seiner originären gedanklichen Durchdringungen.
http://nicholaskashian.blogspot.de/
Christian Petersen (*1962) arbeitet als Künstler in den Bereichen Fotografie, Schriftstellerei und konzeptuelle Kunst. In den letzten 20 Jahren hat er in Deutschland, Österreich, Portugal, Polen und den U.S.A. ausgestellt oder gelesen. Seine Collagen haben ihre Wurzeln in seiner literarische Beschäftigung mit konkreter Poesie und Cut-up. Die aus ihrem Kontext gelösten Bilder oder Bildfragmente werden hart und offensichlich gegeneinander gesetzt. Es enstehen keine surrealen Welten sondern Spannungsfelder, in denen die mit den Bildern verknüpften Informationen und Assoziationen befreit interagieren
Oliver Ross (*1967) studierte an der HfbK Hamburg. Ausstellungstätigkeit in Deutschland, Schweiz, Frankreich, USA, Venezuela. „Zwar können die mikro-intensiven Psychokapriolen meiner Collagen auch allein für sich betrachtet werden, jedoch erweitert sich ihre Wirkung, wenn sie in Bezug zu den orna-monumentalen Biotismen meiner Environments gelesen werden: Beides sind dimensional zusammenhängende Aspekte ein und derselben Phantasma-Strategie, die in der Umkreisung eines abstrakten Organismus in seiner paradoxen Umwelt besteht. Diesem todgeweihten Individuum soll quasi durch kontinuierliche Operationsarbeit anscheinend seine höchst komplexe Funktionsweise entlockt werden. Durch diesen differenzierenden Prozeß scheint klar zu werden, dass eine derartige Auseinandersetzung (leider?) keine vorhandene Realität offenlegt, sondern vielmehr entlang anderer Erfindungsarbeit des Menschen programmatisch aufzeigt, was es womöglich gar nicht gibt: Die Seele.“ (Oliver Ross)
www.oliverross.net
Marco P. Schaefer (*1967) studierte an HfbK Hamburg, lebt seit 2009 in Berlin. Er ist ein Zeichner / Schnittvirtuose , der sich mit lauten Bilderwelten, ausufernden Informationsinhalten und dem hippen Zeitgeist auseinandersetzt. Seine konzeptuellen Umsetzungen fluktuieren zwischen schwarz-weißen Cut-outs in denen Fragmente aus Comic und Logo aufblitzen und narrativ geschreddert werden und rein abstrakten Farb-und Strukturwucherungen, die den „informational over-flow“ optisch umsetzten.
Banner-Bild: Marco P. Schaefer, Raumchip – Breitmacher, 2013, 200 x 270 cm (Detail)