
Unsere Ausstellung zeigt Objekte von Tony Cragg gemeinsam mit den Arbeiten seiner MeisterschülerInnen der Universität der Künste aus den Jahren 2001 bis 2006.
Während die gleichzeitig laufende Einzelausstellung Tony Craggs „Das Potential der Dinge“ in der Akademie der Künste (16.9. – 29.10.2006) das Augenmerk auf die Entstehungszusammenhänge zwischen seinen Skulpturen und Zeichnungen richtet, fokussiert unsere Ausstellung Craggs Wirken und Einfluss an der Universität der Künste in den Jahren 2001-2006.
Als Tony Cragg (*1949) 2001 als Professor für Bildhauerei an die Hochschule der Künste in Berlin kommt, kann er auf über dreißig Jahre bildhauerische Tätigkeit zurückblicken, in denen er sich mit grundlegenden Fragen zum Verhältnis von Körper, Materie und Objekt auseinandergesetzt hat. Ab 1979 lehrte er an der Kunstakademie Düsseldorf, nahm an der documenta 7 (1982) und documenta 8 (1987) teil, bekam den Turner-Prize (1988) und wurde 1988 Professor in Düsseldorf. Zahlreiche internationale Ausstellungen folgten.
Cragg gestaltet Rohmaterial zu immer neuen Formen und Bildern, die als komplexe Zeichen für neue Erfahrungen und Einsichten fungieren. Der amerikanische Schriftsteller Paul Auster schreibt: „ Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden.“ Der Wille, mit Hilfe verschiedenster Materialien sich die Welt bildhauerisch anzueignen und so zu immer neuen Strukturen und Schöpfungen zu gelangen, ist auch in den Arbeiten Craggs MeisterschülerInnen spürbar.
Selten legen sich die Künstlerinnen und Künstler auf eine Technik, Arbeitsweise oder gar ein Medium fest. Vertraute Formen und Gegenstände werden so umgeformt und entfremdet, dass lebendige Skulpturen und Objekte entstehen, die auf unterschiedlichen Ebenen unser Verständnis berühren.
Craggs künstlerischer Mitarbeiter Volker Seifried, geb. 1967 in Landau, beschäftigt sich in seinen Zeichnungen zu Introskop mit der Eigenwahrnehmung des Auges. Sein Interesse gilt dabei den Strukturen, Flächen, Farben und Bewegungen, die mit geschlossenen Augen wahrnehmbar sind und sich dem Reflex der äußeren Wahrnehmung verweigern. Er versucht, dem physiologischen Anteil der gesehenen Bilder näher zu kommen, den Bildern, die unser Körper produziert. Die Arbeiten werden plastisch ergänzt durch einen aus Gips und Draht geformten Totenschädel mit einem nach innen und einem nach außen gerichteten Auge.
Der 1977 in Larissa, Griechenland, geborene Meisterschüler Alexandros Avranas hat sich mit dem Medium Film auseinandergesetzt. Im Mai dieses Jahres gewann er den Visual Art Award der Spyropoulos Foundation in Athen. In dieser Ausstellung präsentiert Avranas seine aktuellen Filme Daneben (2005, Länge: ca. 25 min.) und Happy together (2006, Länge: 15 min.), die beide voyeuristische Charakterstudien sind.
Björn Kollin hat sich der Konstruktion von Musikmaschinen verschrieben, die eigene Kompositionen, die er analog, z.B. mit dem Akkordeon, eingespielt hat, in digitalisierte Muster umwandeln. Diese Muster steuern nun die selbstgebauten Apparaturen, die er so zum Klingen bringt. Im Haus am Lützowplatz zeigt Kollin zwei seiner Installationen: Toy Piano, Schlagzeugmaschine und Spieluhr, beide 2006 entstanden.
Leon Manoloudakis (*1980, Berlin) zeigt im Haus am Lützowplatz sein Projekt tetris meets malewitsch, das er in Zusammenarbeit mit weiteren Künstlern realisiert hat. Der erste Teil des Vorhabens stellt eine 72-stündige Performance dar, deren Parameter ein Raum, ein Quadrat und 150 Paletten bilden. Im abschließenden, zweiten Teil wird die auf neun Minuten geraffte Aktion in einer Videoarbeit unter dem selbsternannten Ziel „KEEP ON GOING“ reflektiert. Vorgeführt werden die Videoarbeiten in einem eigens hierfür entstandenen hölzernen Pavillon.
Die 1976 in Nyon geborene Künstlerin Anna-Kavata Mbiti greift in ihrem Œuvre grundlegende Überlegungen zur Skulptur auf. Hier zeigt sie die schwarz lackierte, hölzerne Skulpturengruppe Ruder (2005). Die klar und scharf umrissenen Formen sind auf Hochglanz poliert und reflektieren so den Raum ähnlich einer Wasseroberfläche. Des weiteren zeigt Mbiti drei großformatige Zeichnungen Girls with dogs (Bleistift auf Papier, 2006, 190 x 150cm) aus der Reihe Shoot me if you can.
LaPacheca & Zoches Wandarbeit Der Rausch der Lappalie entstand aus der Beschäftigung mit der Konservierbarkeit und Visualisierung von unsichtbaren Gedankenflüssen, Ideen und nonverbalen Vorstellungen. Der Rausch der Lappalie, den sie als „Screenshots“ ihrer Gedankenwelt bezeichnen, presst diese in vollkommene und wahrhaftige Formen. Aus linearen Strömen und verkneullten linearen Geflechten arrangieren sie eine mehrere Wände umfassende Komposition aus Knetmasse.
Johannes Weiß spielt in seinen monumentalen Plastiken mit verschiedenen Materialien und Gegenständen, die er ihrer traditionellen Funktion beraubt. So geht in seiner Skulptur Lampe eine altmodisch anmutende Stehlampe eine fast organisch wirkende Verbindung mit einem Holztisch ein und in der Plastik Sehr weich und tiefschwarz treffen überdimensionierte Stifte auf verschiedenartige Farbtafeln. Die Arbeit Keratin zeigt in gesprengter Form einen Tisch und einen Stuhl, die an ein DNA-Knäuel erinnern.
Daniel Winkler geht es in seinen Werken um Erkenntnisprozesse. Wir zeigen seine großformatige Papierarbeit (Tauwetter, 2006, Tusche auf Papier, 330 x 150 cm) und drei Plastiken (Nach Sokrates, 2006, Skulptur, Acrylharz; Peter, Aluminium, 2004; Eines Tages an den Quellen des Alakhananda, Bronze, 2006) in denen er sich im Spannungsfeld von westlicher und östlich-südasiatischer Wahrnehmung des Selbst bewegt.
Aus Anlass der Ausstellung geben wir einen Katalog heraus: „Know matter how“, Hrsg. Haus am Lützowplatz, ISBN 3-934833-19-5.