Chiharu Shiota, geboren 1972 in Osaka, ist eine junge aufstrebende Künstlerin, die bereits in vielen international anerkannten Ausstellungshäusern wie dem P.S. 1 in New York und dem Kunstmuseum Luzern ihre Installationen gezeigt hat. Momentan ist sie in der Ausstellung Fairy Tales forever gemeinsam mit Pipilotti Rist, William Kentridge u.a. in Kopenhagen zu sehen.
Nach dem Studium an der Kyoto Seika Universität in Japan und der Canberra School of Art in Canberra, studierte Shiota an der HfbK Braunschweig bei Marina Abramovič. Bereits 1999 stellte sie gemeinsam mit Abramovič und ihren Kommilitonen in der Ausstellung unfinished business im Haus am Lützowplatz aus.
Mit der Ausstellung „Raum“ widmen wir Chiharu Shiota eine lang ersehnte Einzelausstellung, die konzentriert alle Materialien zeigt, mit denen die Künstlerin arbeitet oder gearbeitet hat. In den drei „Räumen“, die Shiota in ihren Installationen schafft, thematisiert sie das Phänomen der Erinnerung, den Zustand zwischen Traum und Realität und den Tod.
In ihrer Installation „Haus im Lützowplatz“ erschafft die Künstlerin aus alten Fensterrahmen mit Scheiben, die sie vor einigen Wochen aus einem Abrisshaus im Friedrichshain in unsere Ausstellungsräume bringen ließ, einen in sich geschlossenen Raum. Bereits bei der von Harald Szeemann kuratierten 1. Kunstbiennale von Sevilla (2004), präsentierte Shiota ein aus 600 Berliner Fensterrahmen bestehendes Häuschen, das momentan auf der 3. Fukuoka Asian Art Triennale in Japan zu sehen ist.
Jedes der gefundenen Holzfenster hat eine eigene Geschichte. Vor dem Mauerfall haben Menschen durch diese Fenster aus dem Ostteil Berlins auf das Westberliner Leben hinübergesehen. Shiota, die oft bis zur Erschöpfung von Baustelle zu Baustelle geht, um über den Verbleib der alten Fenster zu verhandeln, nimmt sich mit der Verwendung dieses historischen Materials, auch ein Stück weit der Berliner Vergangenheitsbewältigung an.
Die seit fünf Jahren in Berlin lebende Künstlerin schafft es mit diesen Fensterinstallationen, sich einer Thematik anzunehmen, mit deren Auseinandersetzung sich viele Deutsche noch immer schwer tun. Eine zweite Bedeutungsebene tut sich auf, indem Fenstern die Funktion einer zweiten Haut des Menschen zugeschrieben wird. Shiota schreibt über die Fenster im Katalog, der anlässlich der Ausstellung erscheint: „Sie ähneln der Grenzlinie meines Ichs, die ich nicht überschreiten kann. Mir scheint, ich befinde mich in einer Kluft der Verlorenheit, nicht drinnen, aber auch nicht draußen.“
Die zweite, im Haus am Lützowplatz gezeigte Installation „During Sleep“, besteht aus einem alten Holzbett, um das schwarze Fäden so drapiert sind, dass sie ein schier undurchdringliches Gespinst aus Wolle bilden. Hier wird der Zustand zwischen Traum und Realität, der oft untrennbar miteinander verschmilzt, zum Thema gemacht.
In der dritten Installation „Closed daily Life“ verwandelt Shiota den Ausstellungsraum in eine mit weißen Fliesen beklebte badezimmerartige Nische. Die mit Schlamm beschmutzten Kacheln evozieren beim Betrachter sofort ein abstoßendes Gefühl der Kälte. Bereits bei einer ihrer früheren Aktionen (Bathroom) nahm sie ein Bad und begoss sich beständig mit Schlamm. Erfahrungen von Verlust und die Ohnmacht gegen das Aufkommen von Gefühlen, schaffen einen Raum des Unbewussten, an dem Shiota die Besucher teilhaben lässt. Hier, und auch in den anderen ausgestellten Installationen, stellt sich Shiota den Ängsten, in dem sie sie in ihren Fensterhäusern Gestalt annehmen lässt oder sie mit schwarzen Fäden in die Luft malt.
In der Ausstellung werden erstmals auch Zeichnungen der Künstlerin gezeigt.