
Ali Kaaf, Jahrgang 1977, studierte im Libanon, bei Marwan und bei Rebecca Horn an der Universität der Künste in Berlin. 2004 gewann er den DAAD-Preis der UdK. Es folgten Einzelausstellungen in Jordanien, den USA, Syrien und dem Libanon.
Das Haus am Lützowplatz zeigt in Ali Kaafs erster Einzelausstellung in Deutschland 25 Papierarbeiten, Fotografien und ein Video. Übergeordnetes Thema seiner Arbeiten und Ausstellungstitel ist SCHWARZ. Wie bei kaum einem anderen Wort ist es fast unmöglich, sich die Bedeutung völlig zu erschließen. Schwarz ist eine Farbe bzw. Farbempfindung, Schwarz ist das Gegenteil von Weiß, Schwarz weckt Assoziationen wie Nacht, Finsternis und Schatten, Schwarz symbolisiert das Unbewusste, Verschleierte und Verborgene. Mit all diesen Assoziationen spielt Ali Kaaf in seinen Werken.
Bewusst oder unbewusst werden in den Betrachtern unterschiedliche Gefühle evoziert. Schwarz und Weiß scheinen in seinen Arbeiten zu kämpfen: Nur mühsam dringt ein wenig Weiß bis zur Bildoberfläche vor; schemenhaft zeichnen sich im grauen Zwielicht Formen und Körper ab. Bewusst Wahrgenommenes verschwimmt mit Ungewusstem. Ali Kaaf hat das Schwarz für sich entdeckt und sucht nach den Ausdrucksmitteln und Kommunikationsmöglichkeiten, die sich ihm durch die Öffnung des Schwarz durch das Weiß oder durch Brandstellen erschließen.
Auf seine großen raumgestaltenden Zeichnungen bereitet er sich mit zahlreichen Vorstudien vor, in denen er vom Ornamenthaften zur Reduktion auf das ihm wesentlich Erscheinende fortschreitet, bevor er das Ergebnis seiner Suche unter der Kuppel des Chan Asad Pasha, einer Karawanserei aus dem 18. Jahrhundert in Damaskus, oder in Beirut, Amman und nun in Berlin ausstellt. Diese Bilder vermitteln dem kontemplativen Betrachter auch eine Begegnung mit dem Nahen Osten, ohne dass diese nur von der Politik bestimmt würde.
Karin Pott, Manfred Eichel und Peter Raue werden die Ausstellung eröffnen.
Pressestimmen:
KUNST
Von Jens Hinrichsen
Früher einmal, erzählt Ali Kaaf, türmte er dicke Farbschichten zu bunten Bildern. Mit dem genauen Gegenteil bestreitet der 1977 geborene, in Syrien aufgewachsene und an der Berliner Universität der Künste bei Marwan und Rebecca Horn ausgebildete Künstler seine erste deutsche Einzelausstellung: „Schwarz“ betitelt Kaaf eine Auswahl seiner Papier- und Fotoarbeiten im Haus am Lützowplatz und spielt ein suggestives Spiel mit dieser (Nicht-)Farbe des Unbewussten, Verschleierten, Verborgenen (Lützowplatz 9, bis 15. März., Di-So 11-18 Uhr).
Ali Kaaf bevorzugt einfache, zügig aufs Papier geworfene Bildzeichen.
So ergibt eine Reihe länglich-schwarzer Ovale sechs Variationen über den menschlichen Kopf. Verstörend: Auf den zweiten Blick sieht man, dass der Künstler Löcher in die „Porträts“ gebrannt hat. Dahinter wird eine zweite Papierschicht sichtbar: mattes Rabenschwarz. Noch radikaler wirkt die Ausbrenn-Ästhetik, wo Kaaf sie auf Dias anwendet, die ihn selbst zeigen. Blendend weiße Löcher klaffen mitten in Fotoabzügen („Brandspur I und II“) oder in Videoserien, die solche gesichtslosen Porträts aneinanderreihen.
Kaaf lebt in Berlin und Beirut, in seine Kunst scheint sich die Gewalt im Nahen Osten eingebrannt zu haben. Tröstung könnten seine groß dimensionierten Bleistiftzeichnungen auf schwarzem Papier bieten. Der Reihentitel „Mihrab“ spielt auf jene Nische in Moscheen an, die stets nach Mekka zeigt. Die virtuelle Tür zum „Allerheiligsten“ verschließt der Künstler allerdings auch, mit schwarzen Teilübermalungen. Leicht dringt man nicht in Ali Kaafs rätselvolle Bildwelten ein. Man braucht Zeit und die Bereitschaft zur Meditation.
Beirut trifft Berlin: Kunst von Ali Kaaf und Ulrich Schede
Von Cosima Lutz
Wenn man es so dahin schreibt, klingt es fast melancholisch: Zwei junge Männer stehen in einem Fluss und spielen Geige. Aber wer in der Studiogalerie des Hauses am Lützowplatz vor Ulrich Schedes Schwarzweiß-Foto steht, der wird eher angesteckt von guter Laune. Der Himmel muss herrlich blau gewesen sein. Stimmungsaufhellend hat damals wohl allein die Tatsache gewirkt, dass 1970 in der Sowjetunion eine Geige schlappe 25 Mark kostete.
„Klar, dass nicht alles bleibt, wie es war“ nennt der Berliner lakonisch seine mit 80 Bildern leicht überbordende und unbekümmert unsystematische Fotodokumentation einer Studienreise nach Moskau und Leningrad. Der Titel ruft den Sound von WG-Küchengesprächen wach und ist zugleich – wenn auch eher zufällig – ein subtiler Kommentar zu einer grandiosen, in ihren Mitteln und ihrer Wirkung völlig gegensätzlichen Schau in den oberen Räumen: Ali Kaafs „Schwarz“.
Kaaf, Jahrgang 1977, gebürtiger Syrer, ist heute etwa im gleichen Alter wie damals Schede. Ein fröhlich und kosmopolitisch wirkender junger Mensch, tief und aufmerksam im Gespräch. Wüsste man es nicht besser, würde man die sparsam gehängten, klein- und großformatigen Arbeiten auf Foto, Video und Papier einem weltabgewandten Einsiedler zuordnen; einem, der Vieles, vielleicht zu Vieles gesehen hat. Nach einer langen Reihe von Experimenten mit Asphalt, Tinte, Ruß und Harz fand Kaaf das Schwarz: als Mittel und zugleich Wesen der Reduktion, des Aufzeigens und Auslöschens. So entstehen kraftvolle und zugleich zerbrechliche Palimpseste, wie die mannshohen Bilder „Mihrab II“ und „Mihrab III“: Türen aus düster schimmerndem Graphit, deren Symmetrie angekratzt ist, Palimpseste, die das Entziffern hinters Licht führen.
Kaaf studierte in Beirut an der Ecole des Beaux Arts und in Berlin bei Rebecca Horn. Seinen oft mehrfach übermalten Bildern ist ein bildhauerischer Aspekt eingeschrieben: Kaaf brennt Löcher in die Oberflächen, ein schrilles Weiß leuchtet in der Mitte, wie in den drei „Ras“- (Kopf-) Bildern.
Das wohl unheimlichste Stück Kaafs erster Berliner Schau ist das kurze, teilweise im Vorkriegs-Libanon entstandene Video „Ras-Ras“, das sich zu Klängen von Arvo Pärt („Tabula Rasa“) zu einer Endlos-Schleife unbestimmter Trauer verdichtet. Mit Nahem Osten und Islam hat Kaafs Kunst jedoch so viel und so wenig zu tun wie mit dem Christentum. Nichts ist hier zerbrechlicher als die Illusion von Raum, von Fläche, die der eine schafft, der andere wieder auslöscht.
Haus am Lützowplatz,
Lützowplatz 9, Tiergarten. Bis 15. 3. Di – So 11-18 Uhr.