Im Zentrum der Ausstellung steht die von Jay Gard ursprünglich für den Potsdamer Stadtraum konzipierte knapp vier Meter hohe Skulptur „Sanssouci (Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, Schloss Sanssouci)“. Sie wurde erstmals vom 4. bis 19. September 2020 im Rahmen der Transformale um das „Rechenzentrum Kunst- und Kreativhaus Potsdam“ gezeigt, wo sie sich gegenüber der Architektur der 1950er Jahre („Ostmoderne“) und den rekonstruktiven bzw. restaurativen Tendenzen der jüngeren Baukunst behaupten musste. Nun steht sie im Innenraum eines Baudenkmals der Klassischen Moderne und behandelt Fragen ästhetischer und gesellschaftlicher Aneignung.
Bei den in die Gerüstkonstruktion eingehängten Formen handelt es sich um Zitate und Paraphrasen, die der Künstler aus der barocken Repräsentationsarchitektur des Hohenzollernschlosses abgeleitet hat. Gemäß einer vom Künstler entwickelten Titel-Syntax wird der Architekt Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699-1753) darin als Urheber des Schlossbaus genannt. Zu sehen sind in zwei Versionen die Umrisslinien des Grundrisses vom Mittelbau, eine auf die Farbigkeit der Fassade verweisende Straffur, eine Art Rokoko-Schnörkel sowie zwei spitzzackige Elemente, die sich als Reflex auf die Gitterarchitektur der türkisfarbigen Laubengänge erklären lassen, die vor den Seitenflügeln des Schlosses stehen und auf von Knobelsdorffs Entwürfe zurückgehen. Denselben Bezug haben auch die ebenfalls im Ausstellungsraum der IG Metall gezeigten Arbeiten, „Sanssouci 1“, „Sanssouci 2“ und „Sanssouci 3“ (alle 2017), bei denen die Öffnungen bzw. Auslassungen das eigentliche Bildmotiv darstellen und bei der der Künstler erstmals architektonisches Vokabular als Ausgangspunkt seines analytischen Schaffensprozesses wählte. Ergänzt wird die Präsentation um das Originalmodell der Großskulptur sowie um zwei experimentelle Vorstudien.
Zudem sind zwei Farbkreise des Künstlers aus der seit 2015 andauernden Werkserie zu sehen. Sie beruht auf einem Bezug zu Gemälden anderer Künstler*innen. Im Fall der ausgestellten Werke handelt es sich um die Arbeit „Bend Sinister“ von Cecily Brown aus dem Jahr 2002, aus der Jay Gard die verschiedenen Farbtöne gleichsam extrahiert hat. Das derart gewonnene Farbsystem übertrug der Künstler dann auf die Reliefstruktur von Fächerelementen aus Sperrholz, wobei die Anordnung sowie die Häufigkeit der einzelnen Töne variieren kann, so dass ein Gemälde mehrere Farbkreise hervorbringen kann.
Der Titel des Ausstellungsprojektes verweist auf den gleichnamigen Hit der US-amerikanischen Band „Starship“ aus dem Jahr 1985, und ist im Kontext von Jay Gards Schaffen als Affirmation handwerklicher Erzeugung zu verstehen.
(Text: Marc Wellmann)
Seit 2014 kooperiert das Haus am Lützowplatz mit dem IG Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen und verantwortet zweimal im Jahr die Ausstellungen in dem 1929/30 von Erich Mendelsohn errichteten Haus des Deutschen Metallarbeiterverbandes an der Alten Jakobstraße.
Ausstellungsraum der IG Metall
Alte Jakobstraße 149
10969 Berlin
http://www.igmetall-bbs.de/
Öffnungszeiten:
Mo – Do von 9:00 bis 18:00 Uhr
Fr von 9:00 bis 14:30 Uhr
Eintritt frei
Aufgewachsen in Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz) erlebte Jay Gard als Sohn einer Textilgestalterin und eines Industriedesigners seine frühe Kindheit in den ausgehenden Jahren der Deutschen Demokratischen Republik. Nach einigen Semestern an der Hochschule für Kunst und Design (Burg Giebichenstein) in Halle/Saale arbeitete Jay Gard von 2006 bis 2008 in New York für den US-amerikanischen Künstler Tom Sachs und in Berlin für Thomas Demand. Sein Studium setzte er 2008 in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in der Klasse für Installation und Raum bei Joachim Blank fort. Seit 2012 lebt und arbeitet Jay Gard in Berlin.
Jay Gard (*1984 in Haale/Saale)
2004–2006
Studium der Grafik/Malerei bei Prof. Thomas Rug an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein, Halle/Saale
2006–2008
Künstlerische Mitarbeit bei Tom Sachs, New York, USA
2008
Gaststudium der Bildhauerei bei Prof. Florian Slowata, UdK Berlin
2008–2011
Diplomstudium im Studiengang Installation und Raum bei Prof. Joachim Blank, Hochschule für Grafik- und Buchkunst, Leipzig
lebt und arbeitet in Berlin
Einzelausstellungen (Auswahl)
2020
Møbel, Gether Contemporary, Kopenhagen, DK
2019
Jay Gard. Gabriele, Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser, Chemnitz
2018
Colors, Gether Contemporary, Kopenhagen, DK
2017
Zeichen unter Zeichen, SEXAUER, Berlin
It’s the Frame Not the Painting, Jonas Mekas Visual Arts Center, Vilnius, LT
2016
making things makes us human, Gether Contemporary, Kopenhagen, DK
2015
Wrong History, SEXAUER, Berlin
Jay Gard, Galerie Oelfrüh Cabinet, Hamburg
2014
Everybody‘s Moving, Galerie B2, Leipzig
2013
Jay Gard, SEXAUER, Berlin
The Jay Gard Picture Collection, We make it, Berlin
2011
Fun House, Universal Cube, Leipzig
2008
Hammertime, UFO Galerie, Halle/Saale
Double Gard, Half Gallery, New York, US
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