- Das HaL baut
- Ab 10. Februar 2024
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Eröffnung: Freitag, 9. Februar 2024, 19 Uhr
Eine Ausstellung aus Anlass des Neubauvorhabens und des 60-jährigen Jubiläums des Vereins Haus am Lützowplatz.
Kuratiert von Asja Wolf
Architektur bedingt unser Leben. Sie bietet Schutz, schafft Identität und beeinflusst die Wahrnehmung. Dem Miteinander ist sie eine Bühne und dem Einzelnen ein Maßstab zur Reflexion über das Selbst. Alles in ihr Geschehene hält sie unsichtbar fest. Sie speichert das Gute und das Unfassbare gleichermaßen.
Wenn Architektur zum Kunstraum wird, beginnt ein vielschichtiges Wechselspiel. Durch das Nachdenken über die Welt hervorgebrachte Werke begegnen individuellen Vorstellungen von funktionaler Proportion, Materialität und Gestaltung. Wird historische Architektur zum Kunstraum, lassen sich die Inhalte darin gezeigter Werke kaum von der Geschichte und der Erzählung ihrer Umgebung trennen. Die Architektur gewinnt über ihre raumgebende Funktion hinaus an Bedeutung.
Ab 2024 realisiert der Verein Haus am Lützowplatz (HaL) einen Neubau, der das historische Ausstellungshaus um eine architektonische Juxtaposition erweitert und eine städtebauliche Planung der Internationalen Bauausstellung Berlin 1987 vervollständigt. Nach einem Entwurf des Berliner Architekten Edgar Döwe entsteht hinter dem Garten des HaL ein Punkthaus, das neben seiner Bestimmung als Wohnraum für Künstler*innen und der Gewinnung neuer Ausstellungsflächen auch eine lange vernachlässigte stadträumliche Situation heilt. Die aus diesem Anlass konzipierte Ausstellung „Architecture & Morality“ stellt das Neubauprojekt vor und wirft gleichzeitig einen Blick zurück auf die Anfänge der Institution.
Das Begriffspaar „Architecture“ und „Morality“ beschreibt den Spannungsbogen, in dem die gezeigten Pläne, Dokumente und Interventionen zum historischen Fundament und der architektonischen Perspektive des HaL stehen. 1977 erschien das Buch „Morality and Architecture“ des englischen Architekturtheoretikers David Watkin, der sich damit in die seinerzeit auch in Deutschland leidenschaftlich geführte Diskussion über die städtebauliche und soziale Bedeutung historistischer Architektur einbrachte. Wenig später griff die englische New-Wave-Band „Orchestral Manoeuvres in the Dark” (OMD) diesen Titel mit ihrem vielbeachteten Album „Architecture & Morality“ (1981) auf. Die Bandmitglieder spielen damit auf die architektonisch empfundenen Klangbilder ihrer neuartigen elektronischen Instrumente an, in Kohärenz zu dem, was sie als „Moral“ begreifen: das Organische, das Menschliche und das Emotionale.
Der Ausstellungstitel ist eine Reminiszenz an diesen Diskurs über die Erscheinungsformen von Architektur und die ihr eingeschriebene moralische Dimension. Ausgehend von einer Arbeit der israelischen Künstlerin Ariane Littman, die dem Unfassbaren der Vergangenheit des Hauses am Lützowplatz gewidmet ist, skizziert „Architecture & Morality“ die Geschichte des 1873 im Stil einer neoklassizistischen Stadtvilla erbauten Wohnhauses Lützowplatz 9, das durch nationalsozialistisches Unrecht 1940 erstmals zum Ausstellungshaus wurde.
Ab 1959 setzte sich ein Kreis um den SPD-Politiker und damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin Willy Brandt dafür ein, das Haus in neuer Eigentümerschaft zu einem Ort jüngster freiheitlich orientierter Kunst zu entwickeln. Dieser Anspruch wird das HaL auch in Zukunft prägen.
Informationen zum Begleitprogramm der Ausstellung folgen auf dieser Seite.
Ausgewählte Pressestimmen:
„Eine kleine Ausstellung in der Studiogalerie schlägt anlässlich des Neubaus einen großen Bogen: vom erzwungenen Verkauf des Hauses des jüdischen Eigentümers an den Verein Bildender Künstler in den 1930ern über die Pläne der Internationalen Bauausstellung Berlin (IBA) 1987 für das Gelände bis zum gegenwärtigen Bauprojekt.“
Anna-Lena Wenzeln, Kultur Mitte, 6. März 2024
English version
Architecture & Morality
HaL under construction
Opening on February 9, 2024, 7 pm
An exhibition on the occasion of the new building project and the 60th anniversary of the Haus am Lützowplatz association.
curated by Asja Wolf
Architecture shapes our lives. It provides shelter, creates identity, and influences our perception. It is a stage for human interaction and a scale against which individuals can reflect on the self. It invisibly records everything that happens within its walls. It retains the good and the incomprehensible in equal measure.
When architecture becomes a space for art, a multi-layered process of exchange is set in motion. Works of art that emerge from thinking about the world encounter specific ideas about functional proportions, materiality, and design. When historical architecture becomes a space for art, it is almost impossible to separate the content of the exhibited works from the history and narrative of their surroundings. The architecture takes on a meaning that goes beyond its spatial function.
In 2024, the Haus am Lützowplatz (HaL) association will embark on the construction of a new building that will add an architectural contrast to the historic exhibition house and complete a city planning project that was conceived as part of the 1987 International Building Exhibition in Berlin. Based on a design by Berlin architect Edgar Döwe, a point block will be built behind the HaL garden, which will not only serve as housing for artists and provide new exhibition spaces, but will also remedy a long-neglected situation in urban space. The exhibition “Architecture and Morality”, conceived for this occasion, presents the new building project while simultaneously looking back at the beginnings of the institution.
The conceptual pairing of “architecture and morality” describes the tension between the plans, documents, and interventions on display and the historical foundation and architectural perspective of HaL. In 1977, the English architectural theorist David Watkin published the book “Morality and Architecture”, which contributed to what was at the time a heated debate in Germany about the urban and social significance of historicist architecture. A short time later, the English New Wave band “Orchestral Manoeuvres in the Dark” (OMD) took up this title and released the highly acclaimed album “Architecture & Morality” in 1981. Here, the band members allude to what they perceive as the architectural soundscapes of their new electronic instruments and draw a connection to what they understand as “morality”: the organic, the human, and the emotional.
The title of the exhibition recalls this discourse on the manifestations of architecture and the moral dimension inscribed in it. Based on a work by the Israeli artist Ariane Littman exploring the incomprehensible past of Haus am Lützowplatz, “Architecture & Morality” traces the history of the building at Lützowplatz 9, which was constructed in 1873 in the style of a neoclassical city villa and only became an exhibition venue in 1940 through the injustices perpetrated by the Nazis.
Beginning in 1959, a group led by the SPD politician and then Governing Mayor of Berlin Willy Brandt campaigned to develop the building under new ownership into a platform for contemporary art with a liberal orientation. This ambition will continue to shape HaL in the future.
Information on the accompanying program of this exhibition will be announced on the website.