Veranstaltung

06. Mai 2019
20.00 Uhr
Lesung Kainszeichen
Edzard Schaper – Die Legende vom vierten König

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,

wir wollten nicht auf die Rosenmontagsumzüge mit einer Kainszeichenlesung antworten. Nicht, weil wir uns vor Rosenmontag fürchteten, sondern weil uns Rosenmontag nichts sagt. Statt die Lesung um eine Woche zu verschieben, haben wir sie gleich um einen Monat vertagt. So kommen wir wieder  in unseren ersten-Montag-im-Monat-Rhythmus.

Die nächste Lesung sei also am 1. April, die darauffolgende am 6. Mai.

Der kommende Termin fällt auf den ersten April und so ist auch der Text, den wir ausgewählt haben: Edzard Schaper –  Die Legende vom vierten König.  Der Lesetermin ist zwar weit von Epiphanias entfernt und nahe an Karfreitag – das passt aber wunderbar

Die Legende berichtet von jenem ominösen vierten König aus dem tiefen Russland, den der Stern ebenfalls nach Bethlehem rief. Er macht sich auch gleich mit seinen Schätzen und einem kleinen unverwüstlichen russischen Pferdchen. Er trifft unterwegs auch die drei anderen Könige. Doch aus diesem und jenem Grund verliert er sie wieder aus den Augen, schließlich auch Weg und Richtung. Mit erheblicher Verspätung schafft er es dann doch noch, dem neugeborenen König zu huldigen.

Edzard Schaper hat sein eigenes Leben sehr nahe bei dem des vierten Königs geführt und führen müssen. Die Sowjetunion und das nationalsozialistische Deutschland haben ihn beide zum Tode verurteilt. Beidesmal ist er entkommen: von Estland nach Finnland, von Finnland nach Schweden. Von Schweden zog er dann in die Schweiz.
In seiner Autobiographie „Bürger in Zeit und Ewigkeit“ schreibt er manches über Flucht und Flüchtlingsschicksal. Darunter auch dies, was wir gerade gar nicht zu hören bekommen:
Ein wohlwollender Biograph, Carl Helbling, hat unlängst geschrieben, es wäre verfehlt, aus diesen Daten zu schließen, daß ich nur ein  Betroffener der Zeitwirrnis gewesen sei. Gewiß sei es so; aber ich sei auch immer ein dadurch von ihr Gezeichneter gewesen, dass ich überall mein persönliches Schicksal mit jenem der Länder und Völker identifiziert hätte, in deren Bannkreis ich geworfen worden sei. Immer hätte ich mich mit dem Sein und mit dem historischen Auftrag des jeweiligen Gemeinschaft verbunden.
Ich glaube, das ist richtig, denn es gibt für den „Landlosen“ eine sittliche Verpflichtung, sich den Gemeinschaft formenden Kräften anzuschließen. Deshalb habe ich mich zu dem Schicksal der baltischen Staaten bekannt und ihr Schicksal geteilt.
Der vierte König.
 
Seien Sie herzlich eingeladen und kommen Sie nicht zu spät.
 
Kainszeichen
Edzard Schaper – Die Legende vom vierten König
Vorleser: Roland Schäfer
Einführung: Hartmut Diekmann
 
Haus am Lützowplatz
Weihrauch und Myrrhe gern gesehen

Eintritt: frei