Veranstaltung

16. Februar 2022
19.00 Uhr
Podiumsdiskussion
„Lieber Maler“?

Ein öffentliches Gespräch im Rahmen der Ausstellung Götz Valien – Lieber Maler mit Dr. Friederike Gräfin von Brühl, Hubertus Butin und Prof. Dr. Peter Raue, moderiert von Dr. Marc Wellmann.

 

 

Die Veranstaltung findet unter der „2G plus-Regel“ gemäß der geltenden Infektionsschutzverordnung des Landes Berlin statt. Der Zutritt ist zusätzlich zur 2G-Bedingung nur mit einem negativen Testergebnis, das nicht älter als 24 Stunden ist oder mit dem Nachweis einer Auffrischungsimpfung („Booster-Impfung“) möglich. Der Genesenenstatus ist aktuell nur noch drei Monate gültig. Eine überstandene Infektion ersetzt nicht die Auffrischungsimpfung.

 

Es stehen nur sehr begrenzt Sitzplätze im Innenraum zur Verfügung. Eine Reservierung der Plätze vorab ist leider nicht möglich. Wir bitten um Verständnis und rechtzeitiges Erscheinen. Alle Gäste werden gebeten für die Dauer der Veranstaltung eine FFP2-Maske zu tragen. Die Teilnehmer*innen auf dem Podium sind von diesem Gebot ausgenommen.

 

Die Veranstaltung beginnt pünktlich um 19 Uhr. Check-in ist ab 18 Uhr über den hinteren Hofgarten möglich. Stehplätze können im Innenraum leider nicht angeboten werden. Die Diskussion kann zusätzlich vor Ort über einen Monitor auf der Terrasse verfolgt werden.

 

Die Veranstaltung wird zudem live per Zoom gestreamt und kann über diesen Link ohne vorherige Anmeldung besucht werden. Parallel dazu bietet wir ein Live-Video auf unserem Instagram-Kanal an.

 


Im Zentrum der Ausstellung „Lieber Maler“ von Götz Valien steht die neue Fassung eines Bildes, das der Künstler 1992 mit eigenen Händen schon einmal gemalt hat. Als die erste Fassung dieses Bildes dann 2009 bei Christie’s für 2,5 Millionen Euro als ein eigenhändiges Werk von Martin Kippenberger versteigert wurde und Götz Valien erstmals seine Autorenschaft an diesem Werk öffentlich reklamierte, äußerte Gisela Capitain als Vertreterin des Nachlasses von Martin Kippenberger die Meinung: „Würde Götz Valien die Bilder von damals heute noch einmal malen, so wären das sogar Fälschungen, mindestens aber Plagiate. Denn geistiges Eigentum ist genauso geschützt wie materielles.“ (Gisela Sonnenburg, Berliner Morgenpost, 28.10.2009). Genau ein solches Bild war jedoch bereits in den Grundzügen entstanden und wurde dann 2010 von Götz Valien vollendet.

 


Götz Valien, „Paris Bar“ (Variante 3), 1993-2010, Acryl auf Baumwolle, 211 x 381 cm – korrigierte Version von „Paris Bar“ (Variante 1), 1992; Copyright: Götz Valien. Foto: Reinhard Görner.

 

Vor Beginn des Ausstellungsprojektes wurde im Auftrag vom Haus am Lützowplatz die Frage der Veröffentlichung von „Paris Bar“ (Version 3) durch den Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Raue rechtlich geprüft. Er kommt in seinem Gutachten zu folgenden Schlüssen: „Die Tatsache, dass Martin Kippenberger … Heinrich Werner beauftragt hat, jemanden zu finden, der ein Paris Bar-Bild … malt, verschafft Kippenberger nicht die Position eines Urhebers dieses Bildes. Erteilt jemand einem Künstler den Auftrag, ein Portrait, einen Raum, ein Gebäude bildnerisch festzuhalten, übergibt er ihm dazu gegebenenfalls Fotografien der zu porträtierenden Person oder von Bauwerken, so ist der Auftraggeber damit nicht Urheber des so entstandenen Werkes.“ Und: „Götz Valien hat – das ist unstreitig – eigenhändig ohne jegliche Mit- oder Einwirkung von Martin Kippenberger seine drei Paris Bar-Bilder-Variationen geschaffen. Damit ist er Alleinurheber aller drei Arbeiten.“ Das Urheberrecht schützt keine Ideen, sondern nur tatsächlich ausgeführte Werke.

 

Der Kunsthistoriker Hubertus Butin vertritt in seiner jüngsten Publikation wiederum eine dazu konträre Haltung: „Auch wenn die Nennung des Namens [von Götz Valien im Auktionskatalog von Christie’s] angemessen gewesen wäre, ändert dessen Fehlen nichts am Originalstatus des Werks. Denn es kommt letztendlich auf die künstlerische Idee und somit auf die geistige Urheberschaft und nicht auf die eigenhändige Ausführung an. Das Bild wurde nach Kippenbergers fotografischer Vorlage, nach seinen Angaben und unter seiner Aufsicht angefertigt und abschließend von ihm autorisiert, so dass es als Original [von Martin Kippenberger] zu gelten hat.“ (Hubertus Butin, Kunstfälschung: Das betrügliche Objekt der Begierde, Berlin 2020, S. 44)

 

Bei den Gespräch wird es auch darum gehen, wie sich diese juristische Einschätzung zur Konzeptkunst im Allgemeinen verhält und wie urheberrechtlich geschützte Auftragswerke von handwerklichen Dienstleistungen wie sie etwa Drucker, Bronzegießer, Teppichwerber und Assistenten im Atelierkontext ausführen, unterschieden werden können.

 

 

Der Nachlass Martin Kippenberger, vertreten von der Galerie Gisela Capitain, wurde über das Ausstellungsvorhaben am 3. Januar dieses Jahres in Kenntnis gesetzt. Dem Haus am Lützowplatz  wurde dann am 14. Januar schriftlich mitgeteilt, dass kein Einspruch gegen die Präsentation von Götz Valiens Werk „Paris Bar“ (Version 3) in der Ausstellung erhoben wird, dass dies „allerdings keinen Rechtsverzicht bedeutet, und dass für künftige Verwendungen alle Ansprüche vorbehalten bleiben.“

 

 

Der Nachlass wurde weiterhin eingeladen, an der Podiumsdiskussion am 9. Februar teilzunehmen. Die Einladung wurde zunächst ausgeschlagen. Am 27. Januar 2022 wurde dem Haus am Lützowplatz dann mitgeteilt, dass die Einladung doch angenommen wird. Als juristische Vertretung des Nachlasses wird Dr. Friederike Gräfin von Brühl an der Diskussion teilnehmen. Darüber freuen wir uns sehr!

 

Wir haben die Erlaubnis, das folgende Statement zu veröffentlichen:
Kippenberger ist ein international hoch anerkannter Künstler und hat bis zu seinem Tod 1997 ein sehr komplexes und vielseitiges Werk geschaffen, das mit einer entsprechenden kunsthistorisch fundierten Rezeptionsgeschichte einhergeht. Sein Leben und Werk waren durch eine außergewöhnliche Praxis miteinander verbunden, in deren Mittelpunkt die Rolle des Künstlers innerhalb des Systems der zeitgenössischen bildenden Kunst stand. Hierfür sind unter anderem seine großformatige Serie “Lieber Maler, male mir” – die er bereits 1981 für eine institutionelle Ausstellung in Berlin entwickelt hat – und die beiden Versionen der „Paris Bar“ (1991 bzw. 1993) aussagekräftige Belege. Die genannten Werke hat Martin Kippenberger bei der Firma Werner Werbung in Auftrag gegeben. Es gibt also eine historische Verbindung dieser Auftragssituationen, für die er jeweils die fotografischen Vorlagen lieferte. Diese Strategie ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem Thema Autorenschaft, sie erklärt Auftragsmalerei zum künstlerischen Konzept. Das Gemälde „Paris Bar” zeigt die eigene Sammlung von Martin Kippenberger (Werke von Künstlerkollegen, so wie er sie zuvor im Restaurant installiert hatte) und steht damit innerhalb einer eigenen kunsthistorischen Bildtradition. Vor diesem Hintergrund und der künstlerischen Position und Leistung von Martin Kippenberger finden wir das “Re-Enactment” von Herrn Valien mehr als befremdlich. Einen Auftrag zu wiederholen, der vor über 30 Jahren von einem Künstler an die Firma Werner Werbung ging und den Herrn Valien lediglich ausgeführt hat, ist dann eben das, was es ist: Die Wiederholung der Ideen und Konzepte eines Anderen. Dass Herr Valien genau dieses Werk nochmal angefertigt hat, ist – zusammen mit dem Titel der Ausstellung „Lieber Maler“ – zudem Beweis dafür, dass er die Bekanntheit von Martin Kippenberger öffentlichkeitswirksam für sich nutzt.
(Lisa Franzen, Nachlass Martin Kippenberger, 18. Januar 2022)

 

 

 

 


 

 

Dr. Friederike Gräfin von Brühl
ist Rechtsanwältin und leitet die Kunstrechtspraxis der internationalen Kanzlei K&L Gates. Sie studierte Jura und Kunstgeschichte in Freiburg, Bonn und Paris und promovierte zur „Marktmacht von Kunstexperten als Rechtsproblem“ an der Universität Lausanne. Als Mitglied des Advisory Board des Court of Arbitration for Art (CAfA) beim Netherlands Arbitrage Institute (NAI) hat sie an der Ausarbeitung der CAfA-Verfahrensregeln mitgewirkt. Ferner engagiert sie sich als Kuratoriumsmitglied für die Freunde der Nationalgalerie e.V., die Stiftung Federkiel, die LEAP gGmbH und die Karl und Emy Schmidt-Rottluff Förderungsstiftung und unterrichtet als Lehrbeauftragte das Seminar „Kunst und Recht“ der Freien Universität Berlin. Friederike Gräfin von Brühl ist von Best Lawyers/Handelsblatt für Kunstrecht empfohlen und als „Lawyer of the Year“ für das Jahr 2022 ausgezeichnet. ArtSheSays hat sie als einzige Europäerin in „The Power List: Top Female Attorneys in the Art World“ aufgenommen (2020).


Foto: Stefan Römer

 

Hubertus Butin
studierte Kunstgeschichte in Bonn und Zürich. In den 1990er-Jahren arbeitete er als kunsthistorischer Assistent im Atelier Gerhard Richters in Köln. Seit 1991 hat er zahlreiche Aufsätze und Bücher zur zeitgenössischen Kunst und Kunsttheorie publiziert. Unter anderem gab er 2014 das Werkverzeichnis der Editionen Richters heraus sowie das Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst. 2020 erschien im Suhrkamp Verlag sein kunstsoziologisches Buch über Kunstfälschungen. Als unabhängiger Gutachter ist er weltweit für Sammler, Kunsthändler, Auktionshäuser und Ermittlungsbehörden tätig. Als Gastkurator hat er 2021 für das Kunstforum Wien und das Kunsthaus Zürich gearbeitet. Hubertus Butin lebt in Berlin.


Foto: ChristianeHaid

 

Prof. Dr. Peter Raue
wurde 1941 in München geboren und studierte Rechts-, Theaterwissenschaften und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit 1971 ist er als selbständiger Rechtsanwalt in Berlin tätig und spezialisiert auf dem Gebiet des Urheber- und Kunstrechts. Neben seiner Tätigkeit als Anwalt engagiert er sich aktiv in der Kunst- und Kulturszene. Er war u. a. Initiator für die MoMA-Ausstellung 2002 und die des Metropolitan Museum of Art 2007 in Berlin. Er ist Vorsitzender der James Simon Stiftung sowie im Vorstand der Moontower Foundation. Raue ist Seniorpartner der Kanzlei Raue und seit 2005 Honorarprofessor an der Freien Universität. Er lebt in Berlin.


Foto: Felix Stang

 

 

Diese Ankündigung steht unter dem Vorbehalt einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen aufgrund einer ansteigenden Hospitalisierungsrate im Land Berlin. Bitte informieren Sie sich hier über die am Tage der Veranstaltung geltenden Einlass-Regeln (bspw. zusätzliche Testpflicht). Sollte im Fall eines Lockdowns ein Präsenzpublikum gänzlich ausgeschlossen werden müssen, werden die Veranstaltungen trotzdem stattfinden. Die Teilhabe ist über die angegebenen Online-Dienste möglich.

 

Das Haus am Lützowplatz unterstützt als unabhängiger Kunstverein die Kampagne #BerlinImpft

 

 

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Eintritt: frei