Die schwarz-silbrige Skulptur von Susanne Lorenz und Tilman Wendland, die im Hofgarten vom Haus am Lützowplatz gleichsam gelandet ist, besteht aus zwölf Kreisflächen, die miteinander verbunden sind zu einer runden Version eines Pentagon-Dodekaeders. Die geometrische Regelmäßigkeit des Gebildes ist hier visuell komplex angelegt. In seiner offenen Struktur, die die Innenseiten der Sphäre erlebbar macht, verbunden mit der diaphanen Qualität der textilen Oberflächen, durchdringen sich Volumen und Raum.
Beim Heranschreiten an die über zwei Meter hohe Skulptur nimmt man wahr, dass es sich bei den Kreisflächen um Sprungnetze von kleineren Trampolinen handelt. Der hier in zwölffacher Ausführung verwendete Artikel ist bis zu einem Körpergewicht von 100 kg ausgelegt und ausdrücklich nicht für den Gebrauch durch Kinder vorgesehen. Die aus der Oberfläche ragenden Stäbe entpuppen sich als die Aufstellfüße des Sportgeräts, an denen noch die entsprechenden Aufkleber mit Sicherheitshinweisen zu finden sind. Mehrere der Füße sind mit Gewindestangen verlängert, so dass eine höhere Standfestigkeit gewährleistet ist. Die in den freien Raum ragenden Verlängerungen verstärken hingegen die Ähnlichkeit zu Apparaturen aus der Raumfahrt.
Mit dem Wissen über den Gebrauchswert ihrer Bestandteile erhält die Skulptur eine dynamisch-körperliche Bedeutungsebene, die über ihre formalen Qualitäten hinausgeht. Der im Titel „Rebound Rotation“ beschworene „Rückprall“ ist erlebbar durch die Berührung des straff gespannten elastischen Stoffs. Gleichzeitig treten auch Verweise zu Ballsportarten in das Assoziationsfeld, die sich durchaus widerstreitend zu dem eher technoiden Vokabular verhalten. Dieser Widerspruch lässt sich letztlich eben so wenig aufheben wie die formale Verwandtschaft zur Außenhülle eines gewissen Virus.
(Text: Marc Wellmann)
Parallel zur Gemeinschaftsarbeit HaL-Hofskulptur #6 zeigen Lorenz und Wendland im Haus der IG Metall vom 30. April bis 4. Juni 2021 ihre ebenfalls gemeinsam konzipierte Ausstellung Rotation Rebound.